Rezension

Starkes Buch mit noch stärkerer Thematik

Tausend Mal gedenk ich dein - Heike E. Schmidt

Tausend Mal gedenk ich dein
von Heike Eva Schmidt

Anfangs war ich unheimlich skeptisch und habe das Buch auch vorschnell verurteilt. Ich hab mich mit der sehr jugendlichen Sprache schwer getan, Nelly war klein, naiv und unwissend. Doch ab einem gewissen Punkt konnte mich das Buch doch noch überzeugen. Wer sagt schließlich, dass es einem nur deshalb gut gehen muss, weil man jünger ist? Wer sagt, dass man sich nicht auch mit 15 unwohl in seinem Körper fühlen kann?

Ein Buch, das sich mit Depression, Selbsthass und Mobbing in jungen Jahren auseinander setzt. Allesamt sind das sehr heikle und prekäre Themen. Nach dem Lesen bin ich mir allerdings noch immer nicht sicher, ob das angegebene Alter von 14 Jahren wirklich angemessen ist.
Der Prolog ist bereits eine Hommage an Selbstzerstörung. Ritzen und Gedanken an Selbstmord, oder eventuell sogar Mord an anderen, das wird sehr früh und auch sehr direkt thematisiert. Mit meinen 24 Jahren kann ich an das Thema schon ein wenig distanzierter herantreten, doch wie verhält es sich mit einem psychisch labilen Mädchen von 14 Jahren?
Anfangs war ich unheimlich skeptisch und habe das Buch auch vorschnell verurteilt. Ich hab mich mit der sehr jugendlichen Sprache schwer getan, Nelly war klein, naiv und unwissend. Doch ab einem gewissen Punkt konnte mich das Buch doch noch überzeugen. Wer sagt schließlich, dass es einem nur deshalb gut gehen muss, weil man jünger ist? Wer sagt, dass man sich nicht auch mit 15 unwohl in seinem Körper fühlen kann? Heike Eva Schmidt versteht es, dem Leser äußerst real näher zu bringen, was im Kopf einer unsicheren, jungen Heranwachsenden vor sich geht.
Nelly ist der Inbegriff all dessen. Sie wäre gerne cool, beliebt und hübsch. Hätte gerne stets so taffe Sprüche auf Lager wie Pina. Die hübsche und kluge Pina, die im Leben all das hat, was Nelly sich nur wünscht. Doch Nelly ist eine unscheinbare graue Maus, findet keinen Anschluss und ist mit sich selbst sowieso vollkommen unzufrieden. Die Randfiguren werden leider nur knapp angerissen, da wäre meiner Meinung nach ein wenig mehr Potential da gewesen.
Die Handlung war bis zu einem gewissen Punkt leider komplett vorhersehbar, doch mit dem Ende hat die Autorin das Ruder noch einmal komplett herum reißen können. Es fügt sich alles zusammen und als Leser ist man zuerst schockiert, bis man jedoch merkt, dass es das einzige Ende ist, das Sinn ergibt.
Der Schreibstil ist nicht sehr fordernd. Die Sätze sind eher kurz und prägnant, sagen direkt alles heraus. Zwischen den Zeilen muss hier niemand lesen. Mich hat ein wenig gestört, dass so viel umgangssprachliches in das Buch eingebaut wurde.Ich persönlich bin mir noch immer nicht sicher was "den Blues haben" in dem Buch bedeutet. Blues ist für mich in erster Linie eine Musikrichtung. Leicht melancholisch angehaucht aber auch entspannt und über das Leben sinnierend. Für mich hat das nichts negatives, doch im Buch wird es durchgehend negativ verwendet. Wahrscheinlich bin ich schon zu alt :D
Mit seinen gut 250 Seiten hat das Buch auch nicht den Spielraum, um eine tieftriefende Geschichte zu erzählen, doch der Spagat zwischen Tiefe und auf den Punkt kommen gelingt hier sehr gut.

Tausend mal gedenk ich dein ist kein Buch für leichte Gemüter oder zwischendurch. Es thematisiert eine Problematik, der - zumindest in dem Alter - zu wenig Beachtung geschenkt wird. Es regt zum Nachdenken an, aber Eltern sollten sich vorher genau überlegen, ob das eigene Kind mit 14 bereits die erforderliche geistige Reife für das Buch besitzt.