Rezension

Sie schwamm gegen den Strom

Die Edelweißpiratin -

Die Edelweißpiratin
von Michaela Küpper

Bewertet mit 5 Sternen

„...Jetzt haben sie ihn also mitgenommen. Nun doch. Es war zwar nicht das erste Mal, und wir haben damit rechnen müssen, aber der Schock sitzt tief….“

 

Mit diesen Sätzen beginnt ein Buch, das mich in das Jahr 1933 führt. Die 8jährige Gertrud, genannt Mucki, muss mit ansehen, wie ihr Vater Peter von SA abgeführt und die Wohnung verwüstet wird. Es wird nicht das letzte Mal sein. Peter ist Kommunist.

Die Autorin hat einen bewegenden und erschütternden Roman geschrieben, dem eine wahre Begebenheit zugrunde liegt.. Das Geschehen wird abwechselnd von Mucki und ihrer Mutter Gertrud erzählt.

Der Schriftstil passt zu den Zeitverhältnissen. Der erste Teil geht bis zum Jahre 1934. Ich erfahre, wie die Lebensgrundlagen der Familie nach der Verhaftung des Vaters systematisch zerstört werden. Ein Teil des Besitzes wird beschlagnahmt, der andere zerstört. Die Mutter verliert ihre Arbeit als Apothekerin. Sie müssen in eine kleinere Wohnung ziehen. Noch hoffen sie auf eine Änderung.

 

„...Der Wahnsinn ist periodisch, er wird bald ein Ende haben, so wie eine Grippe nicht ewig währt. Sie ist gefährlich, sie rafft Menschenleben dahin, aber sie ist doch besiegbar. Und so wird es auch mit den Braunen sein...“

 

Von ihrer Mutter kann Gertrud keine Hilfe erwarten. Sie war schon gegen die Heirat ihrer Tochter aus guten Haus mit einem Arbeiter. 1934 kommt Peter aus dem Arbeitslager zurück.

Der zweite Teil beginnt 1939. Aus Mucki ist eine junge Frau geworden. Das Abitur wurde ihr verwehrt. So macht sie eine Ausbildung in einem Montessori – Kindergarten, der von einer Schweizerin geleitet wird. In ihrer Freizeit ist sie häufig mit den Naturfreunden unterwegs. Die Jugendlichen haben viel Spaß miteinander. So reagiert Ellie auf Muckis Information über ihre Arbeit so:

 

„...Jedes Kind ist eine einzigartige Nervensäge. Eins ist ein Rabauke, das andere die reinste Heulboje, das dritte futtert alles, was du nicht hoch genug in den Baum hängst “

 

Die Jugendlichen genießen ihre Freiheit. Doch ihre Vereinigung ist verboten. Es wird erwartet, dass sie sich in den Hitlerjugend und den BDM eingliedern. Das aber wollen sie nicht. Sie wollen wandern, singen und Spaß haben, wissen aber, dass jeder Zeit mit einer Verhaftung durch die Gestapo rechnen müssen.

Einige von ihnen, unter anderen Mucki, bringen sich mit Flugblättern aktiv in den Widerstand ein. Das erhöht natürlich das Risiko.

Über das Frauenbild der damaligen Zeit kann ich nur den Kopf schütteln. Die Frauenschaftsführerin Gnaus erläutert es Mucki.

Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Es zeigt, wie gefährlich es war, nicht mit dem Strom zu schwimmen.