Rezension

Schwarzer Humor im Mittelalter

Gassengeflüster -

Gassengeflüster
von Albrecht Sommerfeldt

Bewertet mit 5 Sternen

„...Also seid vorsichtig und stecht nicht zu tief. Den Ortsfremden gibt man selten einen Sarg. Außerdem war gestern schlechtes Wetter, da werden sie zugesehen haben, dass sie schnell wegkommen...“

 

Das Zitat stammt aus der ersten Geschichte. Insgesamt vier Erzählungen befinden sich in dem Buch. Alle zeigen, wie es in den dunklen Ecken der Vergangenheit aussah. Oftmals spielt schwarzer Humor und ein unerwartetes Ende eine entscheidende Rolle.

In der ersten Geschichte lebt Volpert davon, dass er mit seinem Bruder und seinem Sohn Leichen ausgräbt und an die Mediziner verkauft. Es ist ein Geschäft der Nacht, denn sie dürfen nicht erwischt werden. Dann aber treffen sie auf eine Leiche, die lebendig begraben wurde. Noch ahnt Volpert nicht, dass das der Anfang vom Ende ist.

 

„...Es ist schwierig, unsere momentan Gemütsverfassung in Worte zu kleiden, schwankt sie doch gleichzeitig zwischen Euphorie und Niedergeschlagenheit. Zuvorderst, wir haben Wasser gefunden...“

 

In der zweiten Erzählung lese ich ein Tagebuch. Nach einer Schiffskatastrophe sind einige Matrosen mit dem Biologen und dem Schiffsjungen auf einem Rettungsboot. Kurz vor dem Verdursten stranden sie auf einer einsamen Insel. Das Boot ist nicht mehr seetüchtig, die Nahrung begrenzt. Sehr detailliert darf ich als Leser verfolgen, wie der einzelne ums Überleben ringt. Menschlichkeit spielt kaum noch eine Rolle. Es zählen andere Werte.

 

„...Ihr wisst in eurem Herzen und weil unser werter Herr Luther es uns aufgezeigt ha., Der Weg ins Paradies führt nur über harte Arbeit und einen frommen Lebenswandel...“

 

Er kann gut reden, der Wanderprediger Thomas von Marburg. Doch dann wird er zu einem Gerichtsfall hinzugezogen. Zwei Frauen wurden in der Nacht an einem offenen Grab erwischt. Die eine ist ausgerechnet die Vorsteherin des örtlichen Frauenstifts. Spielt der Teufel eine Rolle? Man kann einiges gegen von Marburg haben. Eines aber ist er: gewissenhaft. Er nimmt sich akribisch des Falles an und lässt sich auch vom Schweigen der Frau nicht beeindrucken. Die Lösung ist eine handfeste Überraschung.

 

„...Der junge Gaukler nickte, zwinkerte einer Magd zu und begann wieder locker die drei Lederbälle zu jonglieren...“

 

Lorenz beherrscht seine Kunst, kann aber nicht davon leben, da er sich auch um seine kleine Schwester kümmert. Nachts steigt er deshalb in verlassene Häuser ein und bedient sich an Kleinigkeiten. Diese Nacht aber hält für ihn eine besondere Überraschung bereit. Was ist Lüge, was ist Wahrheit? Und was bedeutet beides für seine Zukunft? Spannend erzählt und sehr brisant!

Die Geschichten haben mir sehr gut gefallen. Sie zeigen die dunkle Seite des Mittelalters.