Rezension

Schockierend

Mein Gang durch die Hölle - Renée Wum

Mein Gang durch die Hölle
von Renée Wum

Bewertet mit 2.5 Sternen

Koby ist Internatsschüler. Er freut sich auf das neue Schuljahr, da er in die Sekundarstufe aufsteigen darf. Doch schon auf der Busfahrt wird klar, dass es in der Schule eine aus fünf Schülern bestehende Clique gibt, die andere terrorisiert. Koby wird schnell zu ihrem Opfer.

Das Buch schockiert. Detailgenau und wiederholt werden die Grausamkeiten geschildert. Drohungen und Gewalt sind das eine, der beständige Zwang, am Wochenende so zu tun, als ob alles in Ordnung sei, das andere. Hinzu kommt, dass Lehrer und Erzieher die Täter decken. Erst nach einem Zusammenbruch bekommen die Eltern mit, was geschieht.

Das Buch kann man nur abschnittsweise lesen. Die letzten Seiten habe ich quer gelesen. Das Buch macht wütend, aber es berührt kaum. Und genau ist das Problem. Es ist eine Aufzählung von Ungeheuerlichkeiten. Die Emotionen der Protagonisten kommen dabei viel zu kurz. Außerdem fehlen einige sachliche Informationen. Erst nach und nach wird klar, dass es sich um eine Internatsschule für Kinder handelt, die psychische oder physische Probleme haben. In welchem Land die Geschichte spielt, wird nie im Buch erwähnt. So wunderte es mich, dass die Eltern weder vom Internat noch von den Ärzten informiert werden mussten, wenn die Kinder in die Klinik eingewiesen wurden. Keinem der Ärzte ist aufgefallen, dass es sich um Missbrauchsopfer handelte.

Doch nicht nur in der Schule, auch in der Ausbildungsstätte und im Sportverein wird Koby zum Opfer.

Wer das Buch liest, braucht gute Nerven. Es ist heftig und ohne eine Spur von Hoffnung. Dafür schwingt auf vielen Seiten Wut und Frust mit. Jede Anzeige, jedes Hilfeersuchen wurde abgeschmettert oder nach kurzer Zeit ad acta gelegt. Und das in Europa? Im letzten Teil hatte ich Probleme mit den schnell wechselnden Orten und Zeiten. Nicht nur hier fehlte ein aufmerksames Lektorat.

Was mir bis zum Ende nicht klar war, ist die Zielstellung des Buches. Normalerweise sollen Bücher zu dem Thema aufrütteln und für den Blick auf den anderen und seine Probleme sensibilisieren. Das verpufft aber in dem Moment, wo die Schlussfolgerung lautet, dass es sowieso keine Hilfe gibt. Und genau das klingt an vielen Stellen des Buches an. Für einen Betroffenen, der das Buch liest, wirkt das niederschmetternd. Erwartet hatte ich Adressen von Ansprechpartnern und Hilfsorganisationen. All das scheint es für Koby nicht gegeben zu haben.

Das Buch lässt mich mit einer Menge an Fragen zurück. Eine der Fragen ist unter anderen die nach der Zielgruppe. Ein Jugendbuch ist es meiner Meinung nach auf keinen Fall.