Rezension

Mein Gang durch die Hölle

Mein Gang durch die Hölle - Renée Wum

Mein Gang durch die Hölle
von Renée Wum

Der Klappentext lässt auf ein Internatsleben am Abgrund schließen, dem Koby ausgesetzt ist.

Leider konnte mich das Buch keineswegs überzeugen oder fesseln.
Der Protagonist wird zu Beginn der Lektüre vorgestellt, noch bekommt der Leser Informationen über sein soziales Umfeld, seine Persönlichkeit und seine Wünsche - ich habe praktisch nichts über Koby erfahren. Außer, dass er in seiner Zeit im Internat auf vielschichtige Art und Weise misshandelt wird und sich erst sehr spät dazu entscheidet, sein Schweigen zu brechen.
Die Figur bekommt für mich keinerlei Tiefe, was zum einen an mangelnden bzw. oberflächlichen Beschreibungen seines Inneren und seines Charakters liegt. Zum anderen hemmt der Schreibstil eher beim Lesen, als dass er mich bewegt, mitgenommen oder gefesselt hat.
Renée Wum berichtet über die Missbrauchsgeschichte eines Jugendlichnen - und zwar in Berichtform. Es werden die (oft oberflächlichen und ungenauen) Beschreibungen aneinandergereiht, mit vorwurfsvollem Unterton, sodass insgesamt mein Eindruck von einer Anklage, Vorwurf und Schuldzuweisung geschieht.
Mir fehlte ein Fokus in der Erzählung, da der Leser weder in Kobys Gedanken- und Gefühlswelt, noch in die der Täter, der Eltern oder der Lehrer mitgenommen wurde. Ich kann weder eine Intention, noch einen roten Faden noch einen Mehrwert erkennen.
Abgesehen davon, dass der Schreibstil eintönig und stockend ist, und ich Kobys Geschichte daher nicht flüssig, gut strukturiert und mit harmonischer Erzählung erleben konnte, werden viele Dinge wiederholt, dabei jedoch nicht präzisiert, und andere Angaben gemacht als zuvor, was irritierend und unglaubwürdig ist.

Außerdem hatte ich beim Lesen den Eindruck, wie bereits angedeutet, dass die Autorin zu sehr in Kobys Geschichte verwickelt und daher (emotional) befangen ist. Ihr fehlt meines Erachtens der Abstand, mit dem man Kobys Internatserlebnisse betrachten müsste, um die Geschichte (literarisch) gut umsetzen zu können.
Und auch wenn auf dem Cover "Nach einer wahren Geschichte" steht, muss es sich beim Inhalt nicht um einen Tatsachenbericht handeln. Auch ein Missbrauchsfall kann in Romanform, mit Fokus auf den Protagonisten, dargestellt werden und den Leser so vielleicht eher berühren als durch einen nüchternen Bericht, der anklagend wirkt und dem Leser keinerlei Fragen beantwortet, sondern mit mehreren als zu Beginn der Lektüre zurücklässt.