Rezension

Nette Überbrückung, die an die Nieren geht

Die Auserwählten - In der Brandwüste - James Dashner

Die Auserwählten - In der Brandwüste
von James Dashner

Klappentext:
Sie haben einen Ausweg aus dem tödlichen Labyrinth gefunden und geglaubt, endlich wären sie frei. Doch auf Thomas und seine Freunde wartet das Grauen: sengende Hitze, verbranntes Land und Menschen, die mit einem tödlichen Virus infiziert sind. Und die undurchsichtigen Schöpfer halten noch immer die Fäden in der Hand. Damit steht den Jungen die nächste Prüfung bevor. Innerhalt von zwei Wochen müssen sie die Brandwüste durchqueren – sonst sind sie verloren.

Einordnung:
- Im Labyrinth (Teil 1) 
- In der Brandwüste (Teil 2)
- In der Todeszone (Teil 3)

Rezension:
Kann Spoiler bezüglich des ersten Teils enthalten!
Als wäre die Zeit im Labyrinth nicht schon schlimm genug für die Jungen gewesen. Kaum sind sie der Hölle entkommen, führt ANGST die nächsten Experimente an ihnen durch. Obwohl es grausam ist und heutzutage von keiner Ethikkommission genehmigt werden würde, muss ich doch sagen, dass ANGST gute wissenschaftliche Arbeit leistet. Es verleiht dem Buch viel Authentizität, dass sie beispielsweise mit mehreren Stichproben arbeiten: Die Gruppe der Jungen ist nicht die einzige Gruppe in einem Labyrinth gewesen, wie Thomas und seine Freunde gleich zu Beginn des Buches erfahren. Es gibt noch eine zweite Gruppe, die nur aus Mädchen besteht und dasselbe durchmachen musste. Ob der Zweck die Mittel heiligt, darüber lässt sich streiten. Doch es steht fest, dass die Absichten von ANGST eigentlich gut sind. Sie scheinen im Laufe ihres Experimentes nur aus den Augen verloren zu haben, dass ihre Versuchspersonen Menschen sind.

In gewisser Weise überträgt sich das auch auf den Leser, denn obwohl eine Vielzahl von Charakteren in den verschiedenen Szenen aktiv ist, werden nur wenige Namen genannt. Auch Thomas fällt im Laufe der Geschichte immer wieder auf, dass er Jungen neben sich sterben sieht, deren Namen er nicht einmal kennt. Und so, wie das bei ihm außer leichten Gefühlen des Grauens über die Brutalität von ANGST nichts auslöst, lässt es auch mich kalt, wenn die Charaktere ihre erste Erwähnung – teilweise selbst dann ohne Namen – in ihrer Todesszene haben.
Einige neue Charaktere werden jedoch ausführlicher eingeführt, darunter Jorge und Brenda. Beide leben mit den Infizierten in der Brandwüste. Während Jorge als intelligenter Anführer durchaus sympathisch ist, habe ich gegen Brenda von Anfang an Misstrauen gehegt. Teresa, die im ersten Teil viel mit Thomas gemeinsam unterwegs war, habe ich schon nicht gemocht und sie hat es mir auch nicht leichter gemacht, mit Thomas warm zu werden. Brenda ist aber noch um einiges schlimmer. Sie macht einen unglaublich heuchlerischen Eindruck, hat eindeutig eine manipulative Ader und ist der Grund dafür, dass ich eine regelrechte Abneigung gegen den Teil des Buches entwickelt habe, in dem Thomas notgedrungen mit ihr allein unterwegs ist. Es ist lange her, dass ein Buch so starke Emotionen in mir geweckt hat, dass ich am liebsten darauf einschlagen würde. Aber Brenda hat das eindeutig geschafft.

Trotzdem baut der Handlungsstrang mit Brenda auch Spannung auf. Nachdem sich die Rettung aus dem Labyrinth als Inszenierung von ANGST herausgestellt hat, stellt sich immer wieder die Frage, welche Ereignisse von ANGST geplant sind und welche sich spontan entwickeln. Jede Hilfe könnte in eine nur noch größere Misere führen, immer ist unklar, wem Thomas vertrauen kann und wem nicht und die Dinge gehen in einem so ausgewogenen Maß gut wie schief, dass das auch nicht geklärt werden kann. Während die extreme körperliche Belastung den Charakteren vorbehalten bleibt, nimmt dieser Psychoterror auch den Leser ordentlich mit.

Das sorgt dafür, dass man nur so durch die Seiten fliegt. Außerdem besteht dieses Buch, ebenso wie der erste Teil, aus vielen, sehr kurzen Kapiteln, die teilweise drei oder vier Seiten lang sind. Damit hat auch der Aufbau des Buches dazu beigetragen, dass ich nicht mehr aufhören konnte zu lesen. Die Kapitel sind so kurz, dass man immer noch eben ein Kapitel lesen kann und dann das kurze Stück auch noch und die paar Seiten auch noch schnell. Und schon ist das Buch beendet.

Fazit:
Auf der einen Seite sind die Schicksale vieler Charaktere wirklich nicht berührend, auf der anderen Seite sorgen neue Charaktere für hochkochende Emotionen. Im Laufe der Geschichte entstehen immer mehr Situationen, in denen sich der Leser gemeinsam mit Thomas fragen muss, wem er vertrauen kann. Nichts ist gewiss, sodass das Buch teilweise ordentlich an die Nieren geht. „In der Brandwüste“ ist eine solide Fortsetzung, die jedoch den Eindruck, sie diene nur zur Überbrückung zwischen Beginn und Ende, nicht vollkommen abschütteln kann und daher nur vier Schreibfedern bekommt.