Rezension

Leben und leben lassen

Die grüne Bluse meiner Schwester - Gerður Kristný

Die grüne Bluse meiner Schwester
von Gerður Kristný

Bewertet mit 3 Sternen

Man kann sich seine Familie nunmal nicht aussuchen. So ergeht es auch Frida. Ihr Vater ist vor kurzem verstorben, ihrer Mutter psychisch labil und tablettensüchtig und ihre Schwester Gubba hat kaum etwas für Frida übrig - vorallem nicht Geschwisterliebe. Der Tod ihres Vaters konnte die drei Frauen nicht zusammenschweißen. Im Gegenteil: Sie entfernen sich immer mehr voneinander und die Fronten scheinen sich immer weiter zu verhärten. Und auch ihr neuer Job bringt ihr nicht die Veränderung, die sie sich erhofft hat. Lohnt es sich überhaupt, wenn man versucht es allen irgendwie recht zu machen?

Der erste Eindruck von "Die grüne Bluse meiner Schwester" war sehr positiv. Die Handlung klang vielversprechend und auch der Schreibstil von Kristný mochte ich.
Letzterer passte zu der Hauptperson Frida, die in der "Ich"-Perspekte von ihrer Familie, ihrem aktuellen Job und auch von ihren Familienerinnerungen erzählt. Er wirkt jung, lebendig und ist auch gerne mal humorvoll. So lies sich das Buch gut und flüssig lesen.

Die etwas düstere Stimmung bei Büchern aus Island war mir schon bekannt, von daher hatte es mich auch nicht sonderlich überrascht, dass es auch hier etwas düsterer wurde. Der Klappentext macht allerdings einen komplett anderen Eindruck, und dem wird das Buch leider weniger gerecht. Unter anderem wird beispielsweise von "guten Freunden" und "Lebenslust" gesprochen, beides konnte ich jedoch eher weniger feststellen. Frida war zu ihrer Umwelt eher ziemlich negativ eingestellt. Sei es durch ihre Kindheit oder auch einfach durch ihr Wesen. Und auch ihre Freunde konnte man nicht unbedingt als "gute Freunde" betiteln, sondern wirkten eher wie "mehr oder weniger gute Bekannte". Auf mich wirkte es teilweise irreführend. Vielleicht ist in Island auch einfach nur die Definition von "guten Freunden" eine andere als hier.

Von der Handlung selbst war ich ein wenig enttäuscht. Es begang wirklich vielversprechend und flachte immer mehr ab. Zwar gefielen mir die Wechsel zwischen dem Jetzt und dem Damals, aber es fehlte ein wenig der Schwung. Frida wirkte nicht lebenslustig, sondern eher passiv und lies sich ordentlich herumschubsen. Sie wehrte sich sehr selten. Zum Ende hin bekam sie nochmal eine Wendung, die im Gegensatz zum restlichen Buch auf mich merkwürdig wirkte.
Es fiel mir allgemein auch sehr schwer, irgendeine Verbindung zu ihr oder den anderen Figuren aufzubauen. Nur einer kam mir relativ nah, und der hatte leider eine sehr sehr kleine Rolle in Fridas Geschichte.

Ich würde jetzt nicht soweit gehen und sagen, dass das Buch absoluter Mist war. Das Buch kann nicht mit dem überzeugen, was der Klappentext verspricht und ich kann auch nicht behaupten, dass Fridas Familie wirklich so sehr im Vordergrund stand, um es als ein "Familiendrama" durchgehen zu lassen. Schön war es bestimmt wirklich nicht - fesselnd aber leider auch nur bedingt.