Rezension

Gelungene Romanze mit interessantem Bezug zum Journalismus

Lord of London -

Lord of London
von Louise Bay

Bewertet mit 4 Sternen

Nathan Cove ist CEO seines riesigen Versicherungsunternehmens, das er aus einem Start-Up entwickelt hat. Sein schlechter Ruf als Playboy macht ihm allerdings zu schaffen und sein Aufsichtsrat droht ihm mit Rauswurf, da er angeblich dem Ruf des Unternehmens damit schadet.

Er stimmt einem Interview mit einer seriösen Zeitung zu, um seinen Ehrgeiz und seine Zielstrebigkeit unter Beweis zu stellen. Doch die Journalistin ist Madison Shore, mit der er kürzlich bei einer Hochzeit einen One-Night-Stand hatte, den er nicht vergessen kann. Beide müssen die gegenseitige Anziehungskraft ignorieren, um ihre Karrieren nicht zu gefährden.

 

Louise Bay bleibt auch mit diesem Roman ihrer Linie und ihrem Stil treu. Weder kann ich ihre Bücher als herausragend noch enttäuschend bewerten. Sie schwimmt irgendwo im Mittelfeld mit. Trotzdem lese ich sie immer wieder gerne.

 

Nathan und Madison sind nämlich intelligente Charaktere, deren Dialoge teils amüsant, teils prickelnd und immer wortgewandt sind. Sie teilen dieselben ambitionierten Ziele und wollen sich vom Rest ihrer jeweiligen Familie absetzen. Nathan ist der einzige in seiner Verwandtschaft, der nicht Arzt geworden ist. Manchmal fühlt er sich deshalb unterlegen im Kreise seiner Brüder, obwohl es nicht wirklich einen Grund dafür gibt. Ein Wochenende mit Madison im Cottage seiner

Eltern bringt eine wunderbare und witzige Dynamik zum Vorschein, die mich mehr als einmal grinsen liess.

 

Madison dagegen will sich deutlich von ihrer Mutter abgrenzen, die sich als Klatschreporterin einen Namen gemacht hat. Nicht nur einer der Artikel, die über Nathan als Player berichtet haben und zweifelhafte Fotos beinhalteten, stammte von Mrs. Shore. Umso mehr will Madison diese Tatsache vor Nathan geheimhalten.

 

Eine der Stellen, die mir besonders gefallen haben, war Madisons Unterhaltung mit ihrer Mutter, in der es um Grenzen des Anstands und deren Auslegung geht. Fraglich allerdings, ob einschlägige Medien in der Realität ebensolche selbstauferlegten Regeln und Filter haben oder ob es lediglich um das Verbreiten von intimen Inhalten geht. Abgesehen davon, dass es natürlich auch eine große Zielgruppe für Klatsch und Tratsch gibt.

 

Ist also der Unterschied zwischen verschiedenen Bereichen des Journalismus so beachtlich? Auch für Artikel über Größen der Wirtschaft oder Politik wird tief in deren Privatleben gegraben, um ihren Lebensweg zu beschreiben und zu ergründen. Es obliegt nicht nur dem Reporter selbst, was er daraus macht. Der Druck von Redaktionsleitern und Konkurrenten ist ein weiterer Punkt, der nicht zu vernachlässigen ist.

 

„Lord of London“ wäre nur ein Roman unter vielen in diesem Genre, wenn es nicht genau diese interessanten, modernen und glaubwürdigen Themen gäbe, die das Lesen spannender machen und aus einer seichten Romanze dieses gewisse „Mehr“ machen.