Rezension

Für einen Thriller einfach nicht spannend genug!

Die Scherben der Wahrheit - Mark Billingham

Die Scherben der Wahrheit
von Mark Billingham

Bei der Bewertung von Cover und Titel sind für mich 2 Fragen entscheidend: 1. „Sprechen mich das Cover und der Titel an?“ und 2. „Passen Cover und Titel zum Inhalt?“. Beide Fragen muss ich bei „Die Scherben der Wahrheit“ verneinen. Ich frage mich wirklich, was sich der Verlag mit dem deutschen Titel und dem deutschen Cover gedacht hat. Auch wenn es keine englische Originalausgabe gäbe, würde ich mich fragen, inwieweit Cover und Titel eigentlich zum Inhalt passen, aber im Vergleich mit eben jenem Original werden die Fragezeichen über meinem Kopf noch größer. Der Plot dreht sich um den Tod eines Polizisten und die Machenschaften diverser zwielichtiger Typen Londons. Insofern passt das Original-Covermotiv hervorragend zum Inhalt. Gleiches gilt für den Titel, der zwar insgesamt nicht viel vom Inhalt verrät („In der Dunkelheit“), aber durch seine Zweideutigkeit (Helen tappt bezüglich Pauls Handlungen im Dunkeln vs. Pauls Tod geschah im Dunkeln) dennoch sehr passend ist.

Der deutsche Titel „Die Scherben der Wahrheit“ ist nicht direkt unpassend, sondern eher sehr unkonkret. Mit viel Wohlwollen lässt er sich auf die Handlung beziehen, aber er ist eben nicht charakteristisch.

Am Schlimmsten finde ich allerdings diese fürchterliche Eule auf dem Cover. Was diese ausdrücken soll bzw. mit dem Inhalt zu tun hat, kann ich mir beim besten Willen nicht erklären.

Nachdem mir Mark Billinghams Debüt „Die Lügen der Anderen“ viele spannende Lesestunden beschert hatte (die Rezension gibt es hier), konnte ich es kaum erwarten seinen zweiten Thriller „Die Scherben der Wahrheit“ zu lesen.

Die Geschichte beginnt relativ unvermittelt mit dem bereits im Klappentext erwähnten Unfall, bei dem Helens Freund Paul ums Leben kommt. Helen, die zu diesem Zeitpunkt hochschwanger ist, erfährt nach Pauls Tod immer mehr Details über Paul, die dazu führen, dass sie sich trotz ihres „Zustands“ selbst auf die Suche nach der Wahrheit begibt.

Mark Billinghams Erzählstil ist gewöhungsbedürftig: Er wechselt oft unvermittelt die Szenen und Perspektiven, was es mir vor allem am Anfang schwer machte, dem Plot zu folgen. Normalerweise ist der Effekt eines solchen ständigen Wechsel der Spannungsaufbau. Hier trugen diese Wechsel eher zur Verwirrung als zum Spannungsaufbau bei. Da der Autor mehrere Personen in den Fokus seiner Geschichte setzt, bleibt vieles an der Oberfläche. Die Protagonisten sind teilweise blutleer und nicht bis zum Ende durchdacht. Dies gilt nicht für alle handelnden Personen, aber gerade für Helen, die eine entscheidende Rolle spielt, hätte ich mir mehr Charakter gewünscht. Obwohl ihr eine zentrale Rolle zukommt, war sie bis zuletzt schwer greifbar und ihre Handlungen oft nicht nachvollziehbar. Gerade was die Trauer einer Hochschwangeren um ihren Freund angeht – hier fehlte jegliches Einfühlungsvermögen. Umso interessanter war für mich jedoch der Nebenstrang um Theo und dessen Gang, die sich ihr Geld mit Drogengeschäften und sonstigem illegalen Delikten verdienen. Hier bietet Mark Billingham einen glaubwürdigen Einblick in den Alltag und die hierachischen Strukturen einer Londoner Straßengang.

Der Handlungsverlauf ist sehr komplex und gut durchdacht. Die Hauptwendung des Geschehens war für mich nicht vorhersehbar. Da sie allerdings schon etwa in der Mitte des 480 Seiten Wälzers geschah, verpuffte die Spannung ziemlich schnell und auch das Ende konnte mich nicht überzeugen.

Mein Fazit: „Die Scherben der Wahrheit“ ist ein eher seichter Thriller, dem die Konzentration auf weniger Figuren und Handlungsstränge gut getan hätte. Das für einen Thriller entscheidende Kriterium der Spannung funktionierte für mich nur bis zur Mitte der Geschichte, weshalb ich dieses Buch nicht weiterempfehlen würde.