Rezension

Feinfühlig erzählte Suche nach Wurzeln

Hier könnte ich zur Welt kommen - Marjorie Celona

Hier könnte ich zur Welt kommen
von Marjorie Celona

Shannon hatte mehrere Namen, bevor sie zu Miranda kam, und sie war auch bei mehreren Pflegefamilien, nachdem ihre Mutter sie am großen Ypsilon von YMCA ausgesetzt hatte. Sie ist nicht einfach, ihre Kindheit auch nicht, und so richtig angekommen fühlt sie sich auch bei Miranda nicht, denn auch für deren Tochter Lydia-Rose ist die Situation nicht einfach.
Immer wieder wird Shannon von der Frage gequält, wo sie her kommt und sie macht Dummheiten, die sie nicht richtig bereut. Erst mit sechzehn Jahren macht sie sich endlich auf die Suche nach ihrer Mutter und fängt an, die Hintergründe ihrer Geburt kennenzulernen.

Shannon ist kein leichter Charakter, weder vom Äußeren noch vom Inneren. Sie ritzt sich Sterne in die Wade, durchstöbert das Schlafzimmer ihrer Ziehmutter und läuft auch einmal weg - eine Entschuldigung ist nicht drin. Sie ist eigenwillig, störrisch und kann Miranda auch nicht als Mutter akzeptieren. Sie ist klein, hat Haare wie Zuckerwatter und eine Figur wie ein Boxprofi. Sie ist anders.
Und sie ist kein sympathischer Charakter - ich als Leser wollte den Kopf schütteln, angesichts ihres unmöglichen Benehmens. Doch das macht Shannon eben aus und Shannon ist es auch, die diese Geschichte erzählt. Das mutet manchmal etwas seltsam an, wenn sie in Ich-Form von ihrem Aussetzen und den ersten Pflegeeltern erzählt. Anfangs ist dies wirklich ungewohnt, doch es gibt sich mit der Zeit, und nicht nur, weil Shannon älter wird.

Doch nicht nur ihr eigenes Leben, ihre Reise von Pflegeeltern zu Pflegeeltern, die Probleme, Gewalt und was sie sonst noch erlebt, teilt die Protagonistin mit, denn im Verlauf des Buch gibt es immer wieder Kapitel, die von der Zeit vor ihrer Geburt erzählen. Meist beginnen diese ungefähr so: "Es war sieben Tage vor meiner Geburt" oder "Vier Tage vor meiner Geburt".
Shannon beschreibt hier, warum ihre Mutter sie ausgesetzt hat. Der Leser erfährt jedoch nur quälend langsam in kleinen Fetzen, was geschah und warum es geschah. Man bekommt die tragische Geschichte ihrer Geburt häppchenweise vorgesetzt und stellt immer Theorien auf, was geschehen sein könnte.

Nicht alles wird klar, manches bleibt verschwommen, zumindest kam es mir manchmal so vor. Und das passt in die Geschichte, denn es wird immer klarer, dass Shannon trotz der Tatsache, dass sie ihr Leben von der Geburt an erzählt, scheinbar nicht alles weiß. Dinge verschwimmen und werden nur umrissen oder gar verdreht. So beispielsweise die Sache mit Julian, einem ihrer Pflegeväter.
Das Ganze macht die Geschichte doch noch realistischer, denn wer kann schon alles so detailreich wiedergeben?

Fazit

Marjorie Celona erzählt hier feinfühlig die Suche einer jungen Frau nach ihren Wurzeln, nach ihrer Herkunft. Dabei malt sie diese Suche und vor allen Dingen Shannon nicht in den schönsten Farben. Die Geschichte birgt viele Schicksale, viel Heruntergekommenes, eine Gesellschaft wird gezeichnet, die man positiv sehen kann. Und Shannon ist das Produkt dieser Welt - stur, eigensinnig und verschlossen.