Rezension

Ein berührender, poetischer Roman

Vom Ende eines Sommers -

Vom Ende eines Sommers
von Melissa Harrison

Bewertet mit 5 Sternen

Inhalt Im Sommer 1934 lebt die vierzehnjährige Edie mit ihrer Familie auf einem Bauernhof in Suffolk. Von den Folgen des Ersten Weltkriegs und der Wirtschaftskrise sind auch die Bauern betroffen. Dennoch geht auf dem Hof weiterhin alles seinen Gang. Es wird gesät, Unkraut gezupft und geerntet. Doch in diesem Sommer bringt die Journalistin Constance aus London frischen Wind ins Dorf. Sie ist angereist, um das herkömmliche Leben auf dem Land zu dokumentieren. Für Edie, die kaum Freunde hat, wird die lebenskluge und eigenwillige Constance zur Vertrauten. Viel später erkennt Edie, dass die Journalistin ganz andere Ziele verfolgt, als nur von der landwirtschaftlichen Arbeit zu berichten.

​Meinung

Eine wirklich berührende Geschichte, die sich langsam, fast zögernd entfaltet. Ich bin regelrecht eingetaucht in eine längst vergangene Zeit, in der die Pferde noch den Pflug zogen und Wäsche waschen noch Schwerstarbeit war. Der Roman erzählt von den arbeitsreichen Tagen auf dem Land, von der Abhängigkeit vom Wetter und den begrenzten Möglichkeiten junger Frauen zur damaligen Zeit.
Edie ist belesen und interessiert an ganz anderen Dingen, als an der Landwirtschaft. Sie erfüllt ihre Aufgaben, weil sie nichts anderes kennt, doch merkt der Leser schnell, dass das junge Mädchen nicht auf einen Bauernhof gehört. Nur ihre alte Lehrerin hat Edies Talent erkannt und versucht ihr eine Stelle zu vermitteln, aber Edie fehlt es an Selbstvertrauen, um allein in die Welt hinaus zu gehen.

Da trifft es sich gut, dass sie Freundschaft mit der Londoner Journalistin schließt, die zunächst einen guten Einfluss zu haben scheint. Bis Edie etwas schreckliches widerfährt. Es zeigt, wie die damalige, ländliche Gesellschaft funktioniert. Die Männer haben die Macht, die Frauen haben sich um Haushalt und Kinder zu kümmern. Eine Frau, die etwas anderes vom Leben verlangt, gilt als exotisch.

Die anfängliche ländliche Idylle bekommt schnell Risse. Der Autorin gelingt es mit ihrem ruhigen, präzisen Schreibstil ihrer Geschichte Tiefe zu verleihen. Allmählich setzten sich die einzelnen Teile zu einem Bild zusammen. Jede der Romanfiguren hat ihren Platz, der wohlüberlegt gewählt ist. Das habe ich erst zum Ende des Buches wirklich erkannt.

Es ist ein außergewöhnlicher Roman, der sich mit diversen Themen beschäftigt und dessen Ende mich auf eine seltsame Art mit einem Gefühl der Zufriedenheit zurückgelassen hat.

Fazit

Ein besondere Roman, mit leisen Zwischentönen, die man nicht überhört.