Rezension

Erntezeit

Vom Ende eines Sommers -

Vom Ende eines Sommers
von Melissa Harrison

Bewertet mit 3.5 Sternen

Mit vierzehn steht Edie Mather an der Grenze zur Erwachsenen. Sie lebt im ländlichen England des Jahres 1933 mit ihrer Familie auf einem Pachthof. Nach dem ersten Weltkrieg wurde das Leben nicht leichter und der Ertrag aus der Ernte immer geringer. Schon ist ein Hof in der Gegend verlassen, weil der Pächter seine Schulden nicht mehr begleichen konnte. In diesem Sommer kommt die Städterin Connie FitzAllen, um über das Landleben zu berichten. Sie will das Althergebrachte erhalten. Die Leute im Dorf sind dazu geteilter Meinung, die einen stehen Veränderungen als Notwendigkeit offen gegenüber, die anderen liegen eher auf Connies Linie.

 

Edie war schon immer ein Mädchen mit viel Phantasie. Seit ihre Schwester verheiratet ist und nicht mehr daheim wohnt fühlt Edie sich einsam. Unter den anderen Schulmädchen hat sie keine Freundin. Zwar interessiert sich ein Nachbarsohn für sie, aber das ist wohl noch nicht Edies Ding. Da kommt Connie, die Edie wie eine gleichaltrige Freundin behandelt, gerade richtig. Edie blüht förmlich auf, wenn sie Connie ihr Land zeigen kann und vom Leben hier erzählt. Das karge, aber auch schöne Leben, gerade jetzt im Sommer, die Ernte. Doch Edie bekommt auch die finanziellen Sorgen der Eltern mit. Sollte sie irgendwo in Stellung gehen?

 

Die Stimmung der Naturbilder, das beschwerliche, aber auch zufrieden stellende entschleunigte Landleben ist in diesem Roman so gut eingefangen, dass man die Sommerwärme zu spüren meint, den Duft des Getreides zu erhaschen scheint. Schwieriger zu greifen Edies Persönlichkeit, die wohl eher aus Sicht der 1930 etwas absonderlich erscheint. Connie dagegen könnte einen mit ihrer zugewandten, freundlichen Art täuschen, wenn sie nicht einige diskriminierende Äußerungen tätigte, mit denen sie sich entlarvt. Ein englisches Sittengemälde der ländlichen 1930er, in dem die Umbrüche der Zeit deutlich werden, aber auch die Rückwärtsgewandtheit, die damals noch herrschte. Doch verliert sich der Roman auch etwas, da die schönen Naturbilder nicht jede Wendung auffangen können, die für den Leser unnachvollziehbar bleibt. Dass Connies und Ihrer Kameraden krude Ideen in England letztlich nicht verfangen haben, hat sich für das Land als Glück erwiesen. Es sollte eine Warnung, eine Mahnung sein und auch eine Hoffnung. Auch wenn man den Eindruck bekommt, dem Roman fehle es ein wenig an echtem Geschehen, so ist der Ton der 1930er doch bestens getroffen.