Rezension

Erwachsenwerden im Suffolk der 1930er

Vom Ende eines Sommers -

Vom Ende eines Sommers
von Melissa Harrison

Bewertet mit 3 Sternen

In den 1930er Jahren wächst die kleine Edith, auch Edie genannt, auf der Farm ihrer Eltern in Suffolk auf. Der Alltag der Familie ist geprägt von der Arbeit auf dem Feld, immer gibt es etwas zu tun, immer gilt es, irgendwo mitanzupacken. Dabei verbringt Edie ihre Zeit viel lieber irgendwo in der Natur mit einem guten Buch in der Hand. Als dann eines Tages die Londonerin Constanze in dem kleinen Dörfchen auftaucht, änder sich vieles - für Edie, aber auch für alle anderen. Edie bewundert diese Frau, die in Männerkleidung herumläuft, den Einwohnern Fragen zu ihrem alltäglichen Leben stellt um darüber schreiben zu können, und die auch sonst so ganz anders ist als die Menschen, die Edie kennt. Doch das ist noch nicht alles, denn Constanze bringt neben ihrer Neugierde auch eine fragwürdige politische Meinung mit ins Dorf...

Ich fand das Buch insgesamt gut, sehe allerdings noch etwas Luft nach oben. Die Geschichte ist sehr ruhig erzählt, wer große Action oder Spannung erwartet, ist hier falsch, darauf kommt es hier auch gar nicht an. Aus der Sicht der etwa vierzehnjährigen Protagonistin erhält man einen Einblick in das Landleben zu jener Zeit. Edie berichtet von ihren Aufgaben und Pflichten, davon, was als Mädchen von ihr erwartet wird, aber auch, was ihr verboten ist. Das Bild der kleinen Familie, bestehend aus ihren Eltern, ihren Geschwistern und den Arbeitern, ist sehr authentisch und nachvollziehbar und Edie als Hauptfigur war mir sympathisch, wenn ich ihr Handeln auch nicht immer ganz verstanden habe und sie manchmal etwas sehr blauäugig durchs Leben geht.

Noch ausbaufähig fand ich zum Beispiel Constanze als Charakter, der Ansatz ist gut, allerdings hat mir hier irgendwie noch etwas gefehlt, ich fand sie nicht wirklich greifbar. Damit einhergehend hätte der Roman für mein Empfinden auch noch etwas mehr Tiefe gut vertragen. Dass Connie eine eher antisemitische Haltung vertritt, wird zwar durchaus angesprochen, bis auf wenige Stellen wird dies aber gar nicht so deutlich, und wie die verschiedenen Dorfbewohner zu diesen Ansichten stehen hätte auch noch deutlich vertieft werden können. Dementsprechend bleibt das Thema Antisemitismus eher oberflächlich behandelt, was ich schade finde, weil ich denke, dass es sich gut in den Roman hätte einfügen können, noch näher darauf einzugehen. Bei einem anderen Thema, das ich hier nicht nennen möchte um nichts vorwegzunehmen, hätte ich mir sogar noch mehr einige zusätzliche Details gewünscht.

Fazit: Ein ruhiges, schön erzähltes und auch etwas trauriges Buch übers Erwachsenwerden zu einer Zeit großer politischer Umwälzungen, von dem ich mir jedoch etwas mehr Tiefe gewünscht hätte!