Rezension

Das Stockholm Oktavo. Spannende Legende.

Das Stockholm Oktavo - Karen Engelmann

Das Stockholm Oktavo
von Karen Engelmann

Bewertet mit 5 Sternen

Das alte Spiel um Macht und Einfluss.

Die Geschichte beginnt im Stockholm des Jahres 1789 und ihr Erzähler ist Emil Larsson, ein Sekretär des Zoll - und Steueramtes, ein Mann, dessen Auskommen manierlich ist, dessen Beziehungen ihn immerhin in den Personenkreis versetzt haben, die sich um den Spieltisch der Madame Sparv versammeln dürfen, die Verbindungen zu den höchsten Kreisen pflegt und zu den treuen Anhängern des schwedischen Königs Gustav des III. gehört.
Ihr Salon ist stadtbekannt als Quelle für geheimste, delikateste Informationen und Botschaften, die sonst nur hinter vorgehaltener Hand weitergegeben werden.

Jedoch es ist nicht nur der Klatsch oder seine Leidenschaft für das Spiel, die Emil an diesem Tag zu Madame Sprav verschlagen, sondern ihre Gabe, in die Zukunft schauen zu können, und genau das benötigt Larsson unbedingt.
Sein Vorgesetzter wird nicht müde, ihn fortwährend zu bedrängen, sein lockes Junggeselldasein aufzugeben und durch eine Heirat Beständigkeit und Ordnung in sein Leben zu bringen und droht letztendlich mit seiner Entlassung, wenn diesem Wunsch nicht Folge geleistet wird.
Madame Sprav erklärt sich bereit, ein Oktavo für ihn zu erstellen - ein Kartenbild von acht Karten, gezogen an acht aufeinanderfolgenden Tagen - und als Wegweiser für Emils kommendes Leben für ihn zusammenzufügen.
Die Deutung jedoch muss er selbst finden, muss die einzelnen Karten mit den Menschen besetzen, die ihm begegnen, muss abwägen, wer ihm wohlgesonnen ist und von von wem Gefahr ausgeht.
Eine Vielzahl von Menschen kreuzt seinen Weg und nimmt Einfluss auf ein Geschehen, in das auch Emil hineingezogen wird.
Sei es die Uzanne, eine brillante, schillernde Person, die ihr Machtbedürfnis über Menschen und Situationen in unheilbringender Koketterie mit Hilfe ihrer Fächer ausübt, denen sie so abhängig zugetan ist, das ein Verlust unerträglich für sie ist oder Johanna Gra, die einst den drohenden Fesseln eines brutalen Ehemanns entkam und deren Begabung für das Mischen pharmazeutischer Pülverchen sie selbst und andere in tödliche Gefahr bringt oder auch Christian Nordén, der begabten Fächerhersteller, der in der Lage ist, dieses Symbol weiblicher Raffinesse so zu verwandeln, dass in unheilvollen Händen eine todbringende Waffe daraus entstehen kann.
Während Emil Larsson versucht, Klarheit in die Aussage seines Oktavos zu bringen, merkt er, dass es nicht nur sein persönliches Schicksal ist, dass in diesen Kartenbedeutungen verborgen ist, sondern der Umbruch und die Zukunft des Landes und seiner Herrschaft.
Doch zu diesem Zeitpunkt führt die Erfüllung des Oktavos schon ein Eigenleben, auf das Emil keinen Einfluss mehr hat.
Karen Engelmann hat ein großes, umfassendes Buch geschrieben.
Der geschichtliche Hintergrund zum Ende des 18. Jahrhunderts ist ausgezeichnet recherchiert, die Verbindungen zwischen Frankreich und Schweden, die sich von damals noch bis in die heutige Zeit hinein ziehen, sind wohl manchem Leser gar nicht so bewußt gewesen - vor allem nicht ihre Entstehung, sehr interessant und gut eingebunden.
Dann zum prachtvollen, phantasiegefüllten Teil dieser unglaublichen Geschichte, die fast wie ein vergangenes Märchen anmutet - ebenso grausam und ebenso gltzernd, wie es Märchen oft sein können.
Die Personen sind wunderbar gezeichnet, vorstellbar und lesernah, sodass man ihnen problemlos "begegnen" kann, weil man sie erkennt und ihre Veranlagungen deuten kann.
Ein besonderer Stellenwert im Buch wird den Fächern zuerkannt.

Ihre Herstellung und ihr Gebrauch läßt sie fast einen personifizierten Charakter annehmen, was einerseits faszinierend und andererseits unheimlich wirkt. Sie sind symbolisch für die Ereignisse des Buches - so farbenprächtig und exclusiv, so schnell sich wandelnd und Überraschung bringend, aber auch so gefahrlvoll wie das schnelle Öffnen der Fächerpartien und ihre schicksalhafte Bedeutung.
Die Ausstattung und das Cover des Buches sind aufwändig und glanzvoll angelegt. Detaillierte Zeichnungen und politische Informationen sind bereichernd und komfortabel.
Ich kann nur sagen, dass dieses Buch mich in allen Belangen angesprochen hat.
Alles, wonach ich in einem Buch dieses Genres suchen würde, habe ich gefunden.

 

Kommentare

Karithana kommentierte am 24. April 2014 um 20:12

Ich hatte das Buch als Hörbuch. Mir hat es auch sehr gut gefallen, auch wenn ich am Anfang mit den Föchern gehadert habe. Das wurde ja später auch weniger. Interessant fand ich vor allem das Ende, wie es zu der heutigen Königsfamilie kam :-)