Rezension

Spannend und berührend von Anfang an

Versunkene Gräber - Elisabeth Herrmann

Versunkene Gräber
von Elisabeth Herrmann

Bewertet mit 5 Sternen

Joachim Vernau und sein Arbeitgeber, Sebastian Marquardt sitzen gemütlich beim Essen, als sich ihnen eine Kollegin aus Polen vorstellt, Zuzanna Makowska, die für ihren Klienten Jacek Zielinski, auch ein Freund Vernaus, Marie-Luise Hoffmann sucht. Frau Hoffmann, die bis vor zwei Jahren mit Vernau zusammengearbeitet hat, soll zusammen mit Herrn Zielinski einen Deutschen auf einem aufgelassenen Friedhof in Polen ermordet haben. Herr Zielinski sitzt in Untersuchungshaft - Frau Hoffmann ist verschwunden. Zwischen Janekpolona in Polen und seiner Heimatstadt Berlin pendelnd, nimmt Vernau die Spur auf und stößt auf Familientragödien und viel Leid, Hass, Wut, Verzweiflung und den Willen in der neuen Heimat zu überleben...

Für mich ist es der erste Roman von Elisabeth Herrmann - aber es wird nach dieser Lektüre bestimmt nicht der letzte sein. Die Geschichte hat mich von Anfang an, beginnend mit dem Brief eines Soldaten an seine Frau, so gefesselt, dass ich das Buch in einem Rutsch durchgelesen habe. Vielleicht auch deshalb, weil meine Eltern und Großeltern ähnliches durchgemacht und überstanden haben.

Es hat zwar einige Seiten gedauert, bis ich richtig in der Geschichte drin war. Vielleicht auch deshalb, weil ich die handelnden Personen nicht schon aus vorher gehenden Büchern kenne. Ich bin aber schnell eingestiegen und mein Kopfkino hatte sehr viel zutun. Joachim Vernau und vor allem Zuzanna Makowki, alleinerziehende Mutter, die für ihre kleine Tochter nicht allzuviel Zeit hat, waren mir von Anfang an sympathisch, aber auch meine Antipathien habe ich schnell vergeben können. Die Figuren finde ich sehr gut ausgearbeitet und beschrieben; ich kann sie mir durchgehend alle sehr gut vorstellen. Auch die schlesische Landschaft in Polen habe ich deutlich vor Augen und höre die Odra in ihrem Bett rauschen. Das dieses Gebiet einmal ein hervorragendes Weinanbaugebiet war, wusste ich bisher auch nicht.

Die Thematik, der sich Frau Herrmann hier angenommen hat, ist bestimmt nicht einfach: Vertreibung, Fluch und die neue Einteilung von Polen und Deutschland. Ich stelle es mir auch nicht einfach vor, mich nach all den tief gehenden Recherchen nicht auf die ein oder andere Seite schlagen zu wollen.  Der Autorin ist es gelungen, diesen Spagat richtig gut zu schaffen und umzusetzen in eine Geschichte, die so glaubwürdig rüberkommt, dass ich an manchen Stellen beim Lesen eine Gänsehaut bekommen habe.

Was mich ein bisschen amüsiert hat: dass bei der vielfältigen Recherche von anwaltlicher Seite aus auch Vernaus Mutter mit ihrer Freundin an den "Ermittlungen" teilnehmen mussten. So habe ich auch das ein oder andere aus einer Seniorenresidenz erfahren.

Betroffen haben mich auch die Briefe, die von Anfang an in der Geschichte eine große Rolle spielen. Aber da ich den Geschichten meiner Großeltern glauben schenke, war es damals wirklich so, wie es hier beschrieben wird.

Mit einem Spannungsbogen, der von Beginn an stetig steigt und entsprechend hoch gehalten wird, immer neuen Wendungen und Erkenntnissen, mit sehr vielfältigen Charaktären und einer Geschichte, die mir ans Herz gegangen ist, hatte ich während des Lesens immer das Gefühl von sehr guter Unterhaltung.   

FAZIT:

Ich habe ein Buch mit Auszügen aus der deutsch-polnischen Geschichte gelesen, dass mir noch lange in Erinnerung bleiben wird.

Absolut lesens- und empfehlenswert!