Rezension

muss man gelesen haben

Die Voliere - Marc-Oliver Bischoff

Die Voliere
von Marc-Oliver Bischoff

Bewertet mit 5 Sternen

Marc-Oliver Bischoff greift in seinem Thriller "Die Voliere" ein ganz aktuelles Thema auf: Sicherheitsverwahrung. Nora Winter, Polizeipsychologin, soll ein Gutachten erstellen über drei Sicherheitsverwahrte, die laut einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs entlassen werden müssen. Adam Lefeber, Heinz Rosen und Wolfgang Tibursky sitzen wegen unterschiedlicher Verbrechen seit Jahrzehnten in der JVA Frankfurt ein. Die Aussicht auf Freiheit weckt in den dreien gemischte Gefühle, sie zweifeln an einer erfolgreichen Wiedereingliederung. Unabhängig davon, wie Noras Gutachten ausfällt, werden die drei entlassen. Vor der JVA wartet eine Pressemeute und Demonstranten, vor dem ehemaligen Altersheim in dem sie zunächst untergebracht werden sollen, skandieren besorgte Anwohner, die die Schwerverbrecher nicht in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft tolerieren. Nach wenigen Tagen werden die drei unter Polizeischutz in eine alte, leerstehende Mühle in einem Spessarttal verfrachtet, doch auch hier erfahren die Bewohner des nächsten Ortes sehr schnell, wer in die Mühle eingezogen ist. Aufgestachelt von ihrem Ortsvorsteher, beginnen die Anfeindungen. Nora versucht zu vermitteln, doch als ein Kind vermißt wird eskaliert die Situation und Nora ist mitten im Geschehen.

Ich habe in letzter Zeit viele gute Krimis und Thriller gelesen, aber "die Voliere" ist mein ganz persönliches Highlight 2013. Ein Thriller, der unter die Haut geht, der so spannend ist, dass ich ihn in kürzester Zeit ausgelesen hatte. Der Autor behandelt das Thema sensibel und beleuchtet die Aspekte von allen Seiten, sowohl die der Sicherheitsverwahrten, der Politik, der machtlosen Psychologen und Bewährungshelfer als auch der aufgebrachten Bevölkerung. Als Leser stellt man sich unwillkürlich die Frage, wie man selbst als betroffener Anwohner reagieren würde. Besonders beindruckt hat mich an einer Stelle im Buch, wie der Autor die Entstehung eines Lynchmobs schildert. Erschreckend realistisch!

Die Figuren sind allesamt lebendig und sehr detailliert beschrieben, so das ich von allen Beteiligten eine gute Vorstellung hatte. Man kann nicht umhin, für die Gewalttäter sogar eine gewisse Sympathie zu empfinden, als Spielball zwischen Politik und Verwaltung haben sie keine reele Chance auf Wiedereingliederung. Das Thema Sicherheitsverwahrung war für mich bis jetzt nur eine Pressenotiz am Rande, nach der Lektüre sehe ich die Problematik mit anderen Augen.

Mein Fazit: Ein grandioser Thriller mit brisantem Thema, den man unbedingt lesen muss.

Zwei Zitate aus dem Buch:

"Die Menschen sind überall gleich. Sie brauchen Dämonen, die ihre inneren Dämonen zum schweigen bringen"

"Man ist nie nur das, wofür man selbst sich hält. Man ist auch das, wofür die anderen einen halten"