Rezension

Kompliziert geschrieben

Der Kolibri - Premio Strega 2020 -

Der Kolibri - Premio Strega 2020
von Sandro Veronesi

Bewertet mit 3 Sternen

Dr. Marco Carrera ist Augenarzt in Rom. Dass ihn seine Frau Marina verlassen will, schwanger von einem anderen, erfährt er von unerwarteter Seite. Doch das ist nicht der erste Tiefpunkt seines Lebens.

Warum das Buch "Der Kolibri" heißt, erklärt sich im Laufe der Geschichte. Ein sehr schönes Sinnbild! Es gibt viele Situationen, die durch dieses Sinnbild einen guten Rahmen bekommen und greifbar werden. Dies ist umso wichtiger, da die Erzählung sehr wechsel- und bruchstückenhaft ist.
Die Geschichte baut sich in vielen parallel verlaufenden Erzählsträngen auf, springt in die Vergangenheit und wieder zurück. Dann verlaufen die vielen Erzählstränge nicht einmal linear. Es geht zwar immer um Marco, aber es ist schwer die unterschiedlichen Perspektiven auf ihn mit seiner Person zu vereinbaren. Das wird mit der Zeit leichter, weil zwischen den Bruchstücken Bezüge sichtbar werden. Vieles bleibt im Unklaren und distanziert. Teilweise wirkt die Erzählung wie eine Story auf einer Theaterbühne, erzählt aus dem Hintergrund. In wenigen Situationen kam wirklich Stimmung auf, die mich berühren konnte. Die ewiglangen Schachtelsätze haben auch nicht gerade zum Lesefluss beigetragen, geschweige denn Emotionen transportiert. Vielleicht ist dies gut, da die Geschichte ein einziges Drama ist. Alles ist irgendwie kompliziert und anstrengend, das Lesen mühsam. Beinah hätte ich das Buch vorzeitig weggelegt. Die ungewöhnlichen Situationen, denen sich Marco stellen muss haben mich wohl davon abgehalten. Immer auf der Spur des Unglücks. Auch die Charaktere haben so ihren Reiz, haben was Schillerndes.

Lesen oder nicht? Schwer zu sagen. Komplizierte Erzählung über das Drama eines Lebens.