Rezension

Klasse Krimi

Der tote Journalist -

Der tote Journalist
von Hanna Paulsen

Bewertet mit 5 Sternen

„...Gesa zwängte sich an ihm vorbei durch das Gedränge. Wieder einmal verfluchte sie ihre Größe von einem Meter neunundfünfzig, die Schuld daran war, dass jeder in der Menschenmenge sie überragte...“

Gesa ist Polizeireporterin. Sie ist gerade an einer Unfallstelle und sucht einen Ansprechpartner, als sie einen Anruf ihrer Vorgesetzten erhält. Ihr Kollege Uwe Stolter ist nicht erreichbar. Gesa nimmt an, dass er sich um den ungeklärten Todesfall kümmert, der ihnen gemeldet wurde. Noch ahnt sie nicht, dass Uwe selbst der Tote ist.
Die Autorin hat einen spannenden Krimi geschrieben. Der Fall hat mich schnell in seinen Bann gezogen, zumal es ein ungewöhnliches Ermittlerpärchen gibt.
Der Schriftstil lässt sich angenehm lesen. Er passt sich gekonnt der entsprechenden Situation an. Die Ermittlungen liegen bei den Journalisten, die nicht warten wollen, bis die Polizei in die Gänge kommt.
Gesa ist ehrgeizig. Sie weiß, was sie will und beherrscht ihr Handwerk. Das zeigt sich insbesondere an ihrer geschickten Fragetechnik. Allerdings schleppt sie aus ihrer Vergangenheit als Kriegsberichterstatterin ein heftiges Päckchen mit sich.
Wegen Uwes Tod wird ihr Björn Dalmann als neuer Mitarbeiter zugeteilt. Der war bisher im Kulturressort und galt dort zwar als akribischer Arbeiter. Trotzdem rissen seine Artikel niemand vom Hocker. Gesa ist alles andere als begeistert. Sein Auftreten würde man am besten mit dem Begriff „Gentleman“ umschreiben. Damit kann Gesa genauso wenig umgehen wie mit seiner Liebe zur klassischen Musik.

„...Natürlich trug er wieder ein weißes Hemd und eine dunkle Stoffhose, aber zumindest hatte er auf die Krawatte verzichtet und den obersten Knopf am Kragen offen gelassen...“

Verdächtige gibt es eine Menge. Journalismus ist ein hartes Geschäft – und Uwe war gut. Das sorgte für Konkurrenten und Neider. Weitere Motive finden sich in seinem Privatleben. Und dann hat er erneut Kontakt zu einem Mann aufgenommen, dem er vor Jahren gehörig auf den Schlips getreten war. Außerdem hat er in einem Fall von Baumanipulation recherchiert. So unterschiedlich wie die möglichen Täter, so verschieden sind deren eventuellen Motive.
Akribisch geht Gesa jeder Spur nach. Dabei erwartet ihre Chefin allerdings, dass sie außerdem jeden Tag einen schlagkräftigen Artikel formuliert. Björn lernt schnell. Er hat zwar nicht Gesas Tempo, äußert aber nach und nach eigene Ideen.Noch ahnt er allerdings nicht, dass es ein Zurück ins Kulturressort nicht geben wird.
Das Buch zeichnet sich durch einen hohen Spannungsbogen aus. Der ergibt sich aus den diffizilen Beziehungsgeflecht im beruflichen und privaten Umfeld des Toten. Gleichzeitig wird deutlich, wie Gesa und Björn immer mehr zu einer Einheit zusammenwachsen, wo jeder seine besonderen Fähigkeiten einbringt. Mir gefällt insbesondere Björns Großmut und Empathie.
Ich mag es auch, dass neue Ermittlungsmethoden einbezogen werden. So lässt die Redaktion über an Uwe geschickte Drohbriefe eine linguistischen Gutachten anfertigen. Deutlich wird, was die Fachfrau aussagen kann und wo ihre Grenzen liegen.

„...Leider übersteigt es meine wissenschaftlichen Möglichkeiten, Ihnen eine seriöse Prognose zu geben, ob dieser Mann seine Aggressionen nur verbal auslebt oder eine echte Gefahr darstellt...“

Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Am Ende werden sämtliche Handlungsstränge und Ermittlungsansätze gekonnt zusammengeführt.