Rezension

Fesselnd bis zur letzten Seite

Der Bund der Zwölf - Miriam Pharo

Der Bund der Zwölf
von Miriam Pharo

Bewertet mit 5 Sternen

„...Der Maestro nimmt mir die Luft zum Atmen...“

 

Wir befinden uns im Paris des Jahres 1926. Madame Boneasse ist Haushälterin im Hause Milhaud. Die Herrschaften waren in einem Konzert und werden nun zurückerwartet. Wenige Stunden später ist Veronique Milhaud tot. Sie fiel der Methusalem-Seuche zum Opfer. Und sie war nicht die erste. Die Menschen altern in wenigen Stunden und sterben. Vincent, Besitzer eines Nachtclubs erfährt davon . Die Besuche in seinem Etablissement lassen in letzter Zeit zu wünschen übrig, denn es geht die Angst um. Deshalb will er die Ursachen der Seuche ermitteln.

Dann wechselt die Geschichte ins Jahr 1919. Die 11jährige Anna macht mit ihrem Vater Musik auf der Straße. Menotti, Dirigent eines berühmten Orchester, hört ihr Klarinettenspiel und erkennt das Talent des stummen Mädchens. Er bietet ihr eine Ausbildung und einen Platz in seinem Orchester an. Schweren Herzens trennt sich der Vater von Anna.

Die Autorin hat einen fesselnden und vielseitigen Roman geschrieben. Vielseitig deshalb, weil das Buch eine Prise Musik, eine Spur Fantasy, eine gehörige Portion Thriller, manch historische Fakten und, neben einer unterschwelligen Liebesgeschichte, eine märchenhafte Erzählung enthält.

Das Buch lässt sich gut lesen, hat einen gleichbleibend hohen Spannungsbogen und ist bis zum Schluss für Überraschungen gut.

Die Protagonisten werden gut charakterisiert. Das sind insbesondere Vincent und Magali. Magali macht in Vincents Club die Buchhaltung und nimmt sich als Frau heraus, auch in der Öffentlichkeit Hosen zu tragen. Das war in der damaligen Zeit eigentlich ein Unding.

Im Kreis der Musiker sind es Anna und Pjotr. Letzterer gibt Anna Halt, wenn sie sich nach dem Vater und der Heimat sehnt. Doch Pjotr fühlt sich auch eingeengt. Obiges Zitat stammt von ihm.

Im Hintergrund läuft ein weiterer Handlungsstrang. Ein Unbekannter foltert im Untergrund. Wen und warum bleibt lange im Dunkeln.

So abwechslungsreich wie der Inhalt, so ist auch der Sprachstil. Bei der Interpretation der Musik malt die Autorin wunderschöne Bilder mit Worten. Diese Zeilen laden zum Träumen ein. Doch die Musik verändert sich im Laufe der Geschichte. Zu den Höhepunkten gehören für mich die sehr gut herausgearbeiteten Dialoge. Die Gespräche zwischen Vincent und Magali zauberten mir ein Lächeln auf die Lippen. Magali versteht, sich durchzusetzen. Dann wieder wechselt der Sprachstil ins Düstere. Das gilt insbesondere für die Szenen im Untergrund. Schön wiedergegeben werden die Emotionen der Protagonisten, sei es Annas Heimweh, Vincents Angst oder Magalis Trauer. Einige Stellen erlauben einen tiefen Blick in die Psyche der handelnden Personen. Das wiederum bringt nicht nur das Geschehen voran, es ermöglicht das Nachvollziehen von Ursachen und Motiven. Auch für die Nebenrollen wurden ideale Besetzungen gefunden, so Zwillinge, von denen nur einer spricht, und ein Kioskbesitzer, der immer das hat, was Vincent gerade braucht. Als zusätzliches Stilmittel gelangt Annas Tagebuch in Vincents Hände. Dadurch werden die verschiedenen Gaststationen des Orchesters nachlesbar und die Vergangenheit lebendig.

Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Die Geschichte wird trotz des mythischen Einschlags logisch aufgeklärt und zu Ende geführt. Neid und Gier führten zu einer tiefen Verletzung, die Folge war Hass, der in die Zukunft wirkte.