Rezension

Empfehlenswertes Buch

Die Geächteten - Hillary Jordan

Die Geächteten
von Hillary Jordan

Bewertet mit 4 Sternen

Inhalt:

In naher Zukunft werden Verbrecher nicht mehr eingesperrt sondern, durch die Injektion eines Virus, ihre Hautfarbe, entsprechend der Farbe ihres Vergehens, verändert. Gelb für Diebstahl oder Drogenbesitz. Grün für Brandstiftung, bewaffneten Raubüberfall oder Körperverletzung. Blau für Pädophilie. Rot für Mord. Völlig unabhängig von der Hautfarbe haben alle Verchromten, wie man sie nennt, etwas gemeinsam: Sie haben keine Rechte, keinen Schutz zu erwarten, keinen Status und auch keine Zukunft. Jeder darf sie schlagen, quälen, töten. Hannah wird nach einer Abtreibung als Rote und somit als Mörderin gekennzeichnet und damit beginnt ihr Kampf ums überleben und darum sich selbst nicht zu verlieren.

Meinung:

Hannah ist eine junge Frau Mitte zwanzig die in einem behüteten und vorallem streng gläubigen Haus aufwächst. Obwohl Hannah sehr wohl an Gott glaubt merkt man schnell dass ihr Glaube anders ist als der ihrer Eltern und ihrer Schwester. Hannah scheut sich nicht zu hinterfragen und anzuweifeln, sehr zum Missfallen ihrer Mutter zu der Hannah ein angespanntes Verhältnis hat. Das Buch beginnt mit Hannahs Erwachen in der Chromstation nachdem man ihr das Virus injizierte welches sie von nun an, für alle Welt sichtbar, als Mörderin kennzeichnen würde. Obwohl dem Leser nicht gleich alle Umstände näher erläutert werden ist doch sehr schnell klar dass Hannah verurteilt wurde weil sie einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen ließ. Ein Vergehen das gesetzlich verboten ist und zutiefst verabscheut wird. Da Hannah sich strikt weigert sowohl den Namen des Kindsvaters als auch des Abtreibers zu nennen wird sie wegen Mordes verurteilt und in die Chromstation gebracht.

“Sie hatte die Spiegel noch nicht gesehen, doch sie spürte sie in den Ecken ihres Bewusstseins schimmern, als warteten sie nur darauf ihr zu zeigen, was aus ihr geworden war. Auch die Kameras hinter den Spiegeln, die jedes Augenzwinkern und jede Muskelzuckung aufzeichneten, konnte sie nahezu physisch wahrnehmen. Sie spürte die Aufseher, Ärzte und Techniker, die vom Staat angestellt waren, und die Millionen von Menschen zu Hause, die ihr und ihrem Leid zusehen konnten.” (Seite 9)

Nachdem Hannah die gesetzlich vorgeschriebenen 30 Tage auf der Chromstation verbracht hat beginnt die eigentliche Geschichte des Buches. Der Leser begleitet Hannah auf ihrem Weg durch die nächsten Monate. Sie trifft Familienmitglieder von denen ihr die einen herzlich und mitfühlend und die anderen feindlich gegenüberstehen. Sie findet eine Zuflucht im “Zentrum des geraden Weges” doch Hannah begreift schnell dass dieser Ort nicht viel gütiges an sich hat. Gemeinsam mit Hanna verlässt derLeser das Zentrum um einen anderen, einen völlig neuen, Weg einzuschlagen. Zwischendurch erhält man durch Rückblenden einen immer besseren Überblick über die Ereignisse die Hannah in eine solche Situation gebracht haben und man erfährt darüber hinaus auch wie Hannaufgewachsen ist. Gerade letzterer Punkt ist wichtig um Hannah zu verstehen. Hannah wurde in einem tiefen Glauben erzogen. Ein Glaube der bedeutet schlicht zu sein, Gott zu dienen, nichts in Frage zu stellen und als Frau einzig und allein die Aufgabe zu haben Ehefrau und Mutter zu sein. Schon von Kindesbeinen an wurde Hannah in eine Schublade gepresst und zur Abhängigkeit erzogen was sich im Verlauf der Geschichte immer wieder deutlich zeigt. Nicht selten vergisst man sehr schnell dass Hannah keine unerfahrene und unwissende Jugendliche ist sondern eine Erwachsene. Man muss sich als Leser darum immer wieder ihren Hintergrund ins Gedächtnis rufen um zu verstehen wieso Hannah manchmal sehr naiv und kindlich wirkt. Allerdings handelt es sich hier nicht um eine Protagonistin die still ihr Schicksal erträgt. Sie wächst im Laufe der Geschichte innerlich heran. Sie überdenkt ihr Leben und macht sich auf den Weg herauszufinden wer sie wirklich ist und wer sie sein will.

“Ein Sirenengesang, und Hannah sehnte sich danach, sich auszuliefern. Wie wunderbar könnte es sein, sich seiner liebenden Führung anzuvertrauen, ihn an allem teilhaben zu lassen, ihm die Verantwortung zu übertragen und planen zu lassen, was als nächstes zu tun sei. Ihr Vater, der zu Hilfe eilte. Nein. Sie war kein Kind mehr …..” (Seite 223)

Auf dem Buchrücken wird das Buch als Dystopie-Thriller betitelt, eine Umschreibung der ich nicht zustimmen würde. Eher hat das Buch etwas philospohisches. Abtreibung, Gesetze und Strafmaße,  auch in unserer aktuellen Zeit kontroverse Themen, werden in diesem Buch von verschiedenen Blickwinkeln beleuchtet und aus verschiedenen Perspektiven erläutert. Vorrangig geht es jedoch darum loszulassen. Verantwortung für eigene Entscheidungen und sein Handeln zu tragen anstatt sich daran zu klammern dass man schon irgendwie gerettet wird. Es geht darum Lebenswillen zu bewahren und seinen Lebensweg auch wirklich zu beschreiten. Hannahs Geschichte wird glaubhaft und überzeugend dargestellt. Die Handlung des Buches ist unterhaltsam und gerade wenn man denkt dass es nun in einer klischeehaften Dystopie mündet ändert sich der Verlauf und man steht vor einer neuen Möglichkeit. Der flüssige und angenehme Schreibstil runden das Buch wunderbar ab. Man darf sich also nicht unbedint von dem Genre auf dem Buchrücken täuschen lassen und einen actionreichen und spannungsgeladenen Thriller erwarten. Stattdessen erwartet den Leser eine philosophisch angehauchte Geschichte mit einer erschreckend real wirkenden Zukunftsvision. Einzig zu bemängeln ist dass man am Ende mit ein paar immernoch offenen Fragen zurückbleibt. Fragen von denen ich erwartet habe dass sie aufgeklärt werden wüden. Insgesamt handelt es sich dennoch um eine in sich geschlossene Geschichte die es versteht auch ohne Actionszenen zu fesseln.

Fazit:

“Die Geächteten” hat es schnell geschafft mich zu überzeugen. Der angenehme Schreibstill sowie wie detaillierte Einsicht in Hannahs Gefühlswelt ergeben eine nachvollziehbare Geschichte die man sich in einer nicht allzu fernen Zukunft durchaus vorstellen könnte. Einzig die wenigen ungeklärten Fragen am Ende des Buches waren ein kleiner Wermutstropfen. Ein gelungens Buch.