Rezension

eine tolle Idee und ein guter Ansatz, jedoch leider nicht das, was ich erwartet hatte

Einer wird sterben - Wiebke Lorenz

Einer wird sterben
von Wiebke Lorenz

Bewertet mit 3 Sternen

Obwohl ich schon viel Gutes gehört hatte, war dieses mein erstes Buch von Wiebke Lorenz.
Belohnt wurde ich mit einem tollen Schreibstil der sich angenehm lesen lässt sowie einer genialen Idee, die einen bereits nach den ersten paar Seiten gefangen nimmt. Zumal die Autorin es geschafft hat, die Atmosphäre entsprechend beklemmend und geheimnisvoll zu gestalten.
Ein geparktes Auto vor dem Haus, dessen Insassen nichts tun als darin zu sitzen? Und das tagelang? Das würde mich wahnsinnig machen, ich könnte das wahrscheinlich überhaupt nicht mehr ausblenden. Dazu ist Stella allein daheim und als sie dann des nachts noch angegriffen wird und sich die seltsamen Vorkommnisse immer mehr häufen, ist es um ihre Gelassenheit endgültig geschehen! Aber was hat es mit diesen seltsamen Leuten nur auf sich? Und was soll die ganze Aktion, die von Tag zu Tag abstruser wirkt? Nur eins ist klar: so langsam sollte sich jeder, der ein dunkles Geheimnis wahrt, warm anziehen ;)

Richtig gut hat es mir gefallen, wie die einzelnen Vorkommnisse über Stella hereinbrechen. Man weiß stellenweise nicht, ob sie jetzt verrückt wird, oder vielleicht einfach nur paranoid? Und einem selbst geht es beim Lesen nicht viel besser. Man entwickelt beim Lesen definitiv auch eine gute Prise Paranoia und erwartet mit Spannung, was als nächstes geschieht. Aber leider kam es für mich so ganz anders als erwartet. Denn nach einer gelungenen und fesselnden Einführung in den Plot, entwickelte sich die Story für mich ein bisschen in Richtung Soap, da es sich auf einmal mehr um die Nachbarschaft und das zugehörige Geplänkel gedreht hat, als um die geheimnisvollen Leute im Auto oder Stellas Geheimnis. Nicht, das da jetzt nichts Interessantes dabei rumgekommen wäre, aber das war für meinen Geschmack einfach eher „Roman“ als „Psychothriller“. Das fand ich wirklich schade, denn ab ca. Seite 300 geht es dann so richtig zur Sache und der Hauptplot nimmt wieder Fahrt auf. Leider bleiben dem Leser somit nur noch knappe 50 Seiten übrig, auf denen die Geschichte zu Ende geführt wird. Das ging mir dann in Summe ein bisschen zu schnell – da hätte man für meinen Geschmack mehr daraus machen können. Idee und Potential war definitiv vorhanden. Denn ja, ich muss zugeben, dass es hier doch noch die ein oder andere Überraschung für den Leser gibt. Mit einem Teil hatte ich ein Stück weit gerechnet, mit einem größeren Teil jedoch so gar nicht. Aber lasst euch überraschen ;)

Auch die Charaktere konnten mich in Summe leider nicht überzeugen. Die meisten -allen voran Stella- blieben mir einfach zu leise, unnahbar und, was für mich das schlimmste war, sie handeln für mein Verständnis oftmals einfach nicht nachvollziehbar. So gibt es zum Beispiel jemanden, von dem sie eigentlich nichts hält, den sie aber dennoch immer wieder kontaktiert, wenn sie sich überfordert fühlt. Würde man das tun? Wenn ich jemanden nicht mag und ihm nicht traue, würde ich persönlich ihn nicht im Hilfe bitten, oder? Aber entscheidet selbst.

Für mich ist „Einer wird sterben“ eine tolle Idee und ein guter Ansatz, jedoch leider nicht das, was ich erwartet hatte. Für einen Psychothriller schweift die Autorin für meinen Geschmack einfach zu weit ab, um die Spannung ausreichend aufrecht zu erhalten. Das hätte mir als Krimi oder Roman dann besser gefallen.