Rezension

die Geschichte einer Obsession

Der Zorn des Lammes - Johannes Groschupf

Der Zorn des Lammes
von Johannes Groschupf

Bewertet mit 4.5 Sternen

„Der Zorn des Lammes“ ist ein Jugendthriller von Johannes Groschupf und im Oetinger Taschenbuch Verlag erschienen.

Erzählt werden zwei vollkommen verschiedene Geschichten, die von Jazz und Milan. Für Milan ist Jazz fast alles, doch Jazz nimmt Milan überhaupt nicht wahr.

Beide leben in Berlin.
Jazz möchte ein Praktikum bei einer Zeitung machen und ist deshalb weg von ihren Eltern nach Berlin gezogen. Milan ist völlig besessen von Jazz, obwohl er anfangs noch nicht mal ihren Namen kennt. Nach und nach schleicht er sich immer mehr in das Leben von Jazz.

„Insgeheim bereite ich alles für diesen Tag vor. Den Tag an dem sie mich besuchen kommt.“

Der Autor Johannes Groschupf lässt durch völlig harmlose Alltagshandlungen einen grausigen Spannungsbogen entstehen. Abwechselnd lässt er Milan und Jazz zu Wort kommen. Zunehmend spannender wird es, wenn die Geschichten der Zwei immer mehr auseinanderdriften, obwohl sie von den selben Erlebnissen erzählen.

Groschupf erzählt sehr authentisch und das macht er schonungslos. Jazz, die ein schlimmes Erlebnis aus ihrer Kindheit mit sich trägt und Milan ein physisch kranker Mann. Immer wieder lässt der Autor uns tief in die Seele der beiden Protagonisten blicken. Jazz konnte mich als Protagonistin sehr überzeugen. Das lag sicher an meiner eigenen Fantasie und an den liebevollen Andeutungen des Autors. Dieses sehr dünne, verschreckte, aber trotzdem neugierige Mädchen, das mehr Mut hat als man ihr zutraut.
Milan war mir fast noch präsenter. Wenn auch unscheinbar beschrieben, konnte ich fast etwas Irres in seinen Augen erkennen.

Mir hat der Stil von Groschupf sehr gefallen. Anfangs leise, dann zunehmend lauter erzählt er die Geschichte einer Obsession.

Auf die Frage worauf sich der Titel des Buches bezieht, sagt Groschupf im Interview mit Katja Koesterke folgendes:
„Die Wendung 'Der Zorn des Lammes' stammt aus der Offenbarung des Johannes. Die Sprachgewalt dieses apokalyptischen Bibel-Textes hat mich fasziniert. Wer Lämmer kennt, traut ihnen eigentlich keinen Zorn zu. Doch das kann ein Irrtum sein.“
Der Autor streut immer mal wieder Zitate ein, die dem Fortlauf der Geschichte sehr gut tun.

Auf nur 190 Seiten erfahren wir so viel aus dem Leben der Beiden und über die Stadt, in der sie leben. Kleine Nuancen, die das Leben für einen bereit halten kann, wenn man nur eine falsche Entscheidung trifft. Die beschreibt er so leicht, wie es das Buch eigentlich gar nicht ist.
Für mich ein ganz neuer, unverkennbarer Stil – Groschupf werde ich im Auge behalten.

Fazit

Für Thrillerfans der leisen Töne, die noch ihre eigene Fantasie haben, bestens geeignet. Hier geht es nicht allein um die Tat an sich, es geht vielmehr um das Drumherum.
Von mir gibt es dafür eine große Empfehlung.