Das Salz in meiner Suppe
Bewertet mit 4.5 Sternen
Ellen ist unsichtbar, zumindest macht sie sich unsichtbar. Sie beobachtet ihre Mitmenschen aus dem Hintergrund und geht einem nächtlichen Putzjob nach, bei dem sie möglich wenig Menschen begegnen muss. Als sich eines Tages die blinde Temerity im Bus neben sie setzt und sie auch noch anspricht, ist Ellen so irritiert, dass sie der jungen Dame folgt – und sie prompt vor zwei Handtaschendieben rettet. Dies bedeutet die Kehrtwende in ihrem bis dato so unsichtbaren Leben…
Shari Shattuck versteht es, die Leser von der ersten Seite (oder eben in dem Fall der ersten CD) an zu fesseln und für die Geschichte zu begeistern.
Zunächst lernt der Hörer Ellen kennen, eine auffallend zurückhaltende, in sich gekehrte junge Frau, die als etwas zu dick beschrieben wird.
Als diese auf Temerity trifft scheint es, als könnten die Gegensätze nicht größer sein: Die Blinde ist um keine freche Antwort verlegen und sprüht geradezu vor Energie und Lebenslust trotz ihres vermeintlichen Handycaps, wegen dessen sie sich selbst gerne auch die Schippe nimmt.
Die ungleichen Frauen lernen sich näher kennen, irgendwie ist von Anfang an eine gewisse Verbindung zwischen ihnen zu spüren, so ist sie doch die erste Person, die Ellen auch nur ansatzweise an sich heranlässt, wenn auch zunächst scheibchenweise.
Shattuck beschreibt auf eine unvergleichliche Weise die Entwicklung Ellens, die sowohl der Leser bemerkt, als auch die Protagonistin selbst.
Auch die diversen vermeintlich Nebenrollen sind treffend dargestellt, man hat den bunten Haufen direkt vor Augen und kann nicht anders als mitzufiebern an allen „Baustellen“ dieser Gesschichte.
Denn hat sich Ellen in ihrem „früheren Leben“ auf das Beobachten anderer beschränkt, so scheint mit der Aktion gegen die dreisten Handtaschendiebe ein Knoten geplatzt zu sein, Ellen interessiert sich zunehmend für die Menschen in ihrer Umgebung und möchte ihnen gerne helfen – was ihr mit Hilfe ihrer blinden neuen Freundin auch immer besser gelingt.
Bei all dem bleibt die Spannung immer im Raum, nie wird es langweilig.
Am Ende überschlagen sich die Ereignisse geradezu, so dass man fast schon hinterherrennen muss, um nicht abgehängt zu werden.
Besonders erwähnenswert ist Muriel Baumeister, die der tollen story mit ihrem Können noch den letzten Schliff verpasst und die Figuren zum Leben erweckt, jeder in ihrer unverwechselbaren Art!
Ein ganz besonders gelungenes Buch über die Kraft der Freundschaft.
Auch wenn das Ende vermutlich nicht jedermans Sache ist, ich selbst bin insgesamt hervorragend unterhalten worden, habe gelacht, geschmunzelt, nachgedacht…
Was will ich mehr, als hier die vollen Sternchen zu vergeben? :-)