Rezension

Auf den Spuren des roten Tuchs

Die Wahrscheinlichkeit des Glücks - Gisa Klönne

Die Wahrscheinlichkeit des Glücks
von Gisa Klönne

Inhalt
Frieda Telling ist Astronomin und macht nur einen Zwischenstopp in Berlin, um eine Tanzaufführung ihrer Tochter Aline zu besuchen, bevor sie beruflich weiter reisen will. Doch der Aufenthalt dauert länger als gedacht, nachdem Aline panisch vor ein fahrendes Auto läuft und im Koma landet. Aber was hat ihre Panik ausgelöst? Ist es das Kästchen mit dem roten Tuch, welches Frieda ihr von ihrer Mutter Henny überreicht hat? Und wenn ja, was hat Aline so sehr bewegt, dass sie vor das Auto gelaufen ist? Die Spurensuche führt Frieda bis nach Siebenbürgen, wo sie nicht nur in der Vergangenheit ihrer Mutter wühlt, sondern auch Antworten auf viele ihrer Fragen erhält.

Meine Meinung
Es gibt Tage, die nicht nur ein Menschenleben verändern, sondern auch vergangenes zum Vorschein bringen. So eine Geschichte erzählt Gisa Klönne in "Die Wahrscheinlichkeit des Glücks" und tut dies anhand von vier Protagonisten.

Beginnen möchte ich mit Frieda, die verheiratet und erfolgreiche Astronomin ist. Sie ist rational und wirkt auf den ersten Blick kalt. Als sie ihre Tochter Aline besucht und dabei hört, dass sich diese mit einem Tänzer in ihrem Ensemble verlobt hat, ist sie alles andere als begeistert. Sie kann sich einfach nicht vorstellen, dass Aline wirklich schon so weit ist und da sie selber ihre Gefühle stets unter Kontrolle hat, kann sie diese starke Verliebtheit auch nicht nachvollziehen. Entsprechend kühl reagiert sie auf den Verlobten und seine Familie. Doch Frieda ändert sich im Verlauf der Geschichte, was nicht nur mit dem Unfall von Aline zu tun hat.

Aline hatte schon immer ein enges Verhältnis zu ihrer Großmutter Henny, die mittlerweile an Demenz erkrankt ist. Durch das Kästchen mit dem roten Halstuch wird etwas in ihr aufgewühlt, was sie kopflos vor ein Auto rennen lässt. Aber was hat es mit dem roten Tuch auf sich? Henny gewährt uns immer wieder kurze Einblicke, bevor das Vergessen sie wieder einholt. Hervorragend gelingt es der Autorin das Krankheitsbild der Demenz anhand von Henny zu zeichnen. Die kurzen Einschübe, in denen sie klar denken kann und dann wieder in ihre eigene Welt abdriftet, haben mich ganz besonders berührt.

Und dann gibt es noch den Autor Arno, der mit seichten Romanen sein Geld verdient. Sein Vater und Henny haben sich während des Krieges gekannt. Vielleicht sogar geliebt? Durch ihre gemeinsamen Recherchen lernen sich Frieda und Arno besser kennen und kommen der Geschichte hinter dem roten Tuch näher.

"Die Wahrscheinlichkeit des Glücks" ist ein emotional erzählter Roman, der uns in die Vergangenheit zurück führt, das manchmal schwierige Mutter-Tochter-Verhältnis beleuchtet, ein authentisches Bild einer Demenzkranken vermittelt und bei dem ich sogar noch dazu lernen konnte. Denn ich muss gestehen, dass ich nur ein sehr begrenztes Wissen über die Geschichte von Siebenbürgen hatte. Dies alles sind Punkte, die mich an das Buch gefesselt haben und das Lesen zum Genuss machten. Allerdings wurden zum Ende hin nicht alle offenen Fragen geklärt, was ich schade finde, da sie mich mit dem Buch teilweise ratlos zurück lassen.

Fazit
"Die Wahrscheinlichkeit des Glücks" ist ein spannender Roman, der emotional und fast durchgehend fesselnd ist. Empfehlenswert für historisch interessierte oder auch Liebhaber ungewöhnlicher Geschichten.