Rezension

Zahltag, meine Herren!

Totenvogel - Hans-Peter Vertacnik

Totenvogel
von Hans-Peter Vertacnik

Bewertet mit 5 Sternen

Wie schon in seinem ersten Wien-Krimi „Donauwölfe“ entführt uns Hans-Peter Vertacnik in die Intrigen geschwängerte Luft der Österreichischen Innenpolitik.

Mehrere Handlungsstränge werden zu einem dicken Zopf geflochten. Man muss schon genau lesen, wer gerade welcher Fraktion und/oder Connection angehört. 

Der allseits unbeliebte Innenminister Liebermann  wird erschossen aufgefunden.

Der Verdächtigen sind viele. Zitat der Frau Gemahlin: „er hatte mehr Feinde als Haare auf dem Kopf“.

Major Radek Kubica, noch nicht wirklich von seinem letzten Einsatz, bei dem er angeschossen wurde, genesen, muss wieder ermitteln. Man versucht mehrmals in kalt zu stellen, ist er doch einigen der Mächtigen schwer auf die Zehen getreten. Radek ist jedoch der beste Kriminalbeamte und darf vorerst ermitteln.

Selbst Drohungen und verwanzte Büros halten ihn nicht wirklich auf. Dabei hat er eigentlich ganz andere Probleme: seine Ex-Frau Anne lebt mit dem gemeinsamen Sohn Oskar in London, hat aber für den pubertierenden Burschen wenig Zeit. Daher macht der sich, so mir nichts dir nichts, einfach auf den Weg nach Wien, um bei seinem Vater zu leben. Doch dessen derzeitige Freundin Margot ist wenig begeistert von diesem Familienzuwachs und stellt Radek vor ein Ultimatum.

So kämpft Radek gleich an mehreren Fronten. Wird er das Geflecht der Korruption zerschlagen?

Wie auch schon im letzten Krimi steht ihm Pawel Wozzek, ein polnischer Pfarrer mit Verbindungen zu Geheimdiensten und in die Unterwelt helfend zur Seite. Köstlich die Idee mit dem Medikament gegen Radeks häufigen Alkoholkonsum.

Als Wienerin kenne ich natürlich die Schauplätze und schlendere mit den verschiedensten Figuren über den Kohlmarkt oder treffe Major Kubica auf dem Zentralfriedhof.

Die Charaktere sind sehr gut gelungen und wirken authentisch. Ich kann den feisten Innenminister richtig gut vor meinen Augen erschienen lassen. Fett und schleimig, korrupt und sexbesessen – ein richtig liebenswürdiger Zeitgenosse. Nun, gut, sein Ende kennen wir. Niemand weint ihm eine Träne nach.

Ich habe mich gut unterhalten und habe bei der einen oder anderen Szene lauthals lachen müssen. Als Beamtin sind mir die einen oder anderen Anzüglichkeiten auf die Politik und deren Vertreter nicht ganz unbekannt. Doch wollen wir hoffen, dass der Sumpf doch nicht ganz so schlimm ist, wie beschrieben.