Rezension

Ein starker Krimi

Totenvogel - Hans-Peter Vertacnik

Totenvogel
von Hans-Peter Vertacnik

Bewertet mit 5 Sternen

~~Radek Kubica, Polizeibeamter, kämpft an mehreren Fronten. Nach einer Schussverletzung im Einsatz noch nicht wieder ganz hergestellt, außerdem auf Alkoholentzug, möchte ihn der Amtsarzt in Frühpension schicken. Sein Kollege spekuliert auf seinen Posten, seine Frau hat ihn verlassen und ist mit dem Sohn nach London gezogen. Mit seiner Freundin läuft es überhaupt nicht rund, sein Sohn, möchte nicht mehr bei der Mutter leben – Radek hat das Gefühl, dass sein Leben  ihm grade um die Ohren fliegt. Dann wird der Innenminister ermordet, Kubica muss wieder ran. Er wird sogar befördert, was seine Kollegen mit Neid und Missgunst erfüllt.
Die Geschichte ist schmutzig, der Politiker ließ sich schmieren und zwar nicht nur von einer Seite, Geld, Macht, Sex und Intrigen waren sein Antrieb.  Feinde hat er wie Sand am Meer. Für Kubica wird es nicht einfach, den Spuren zu folgen, es werden ihm immer wieder Knüppel zwischen die Beine geworfen und seine Arbeit wird von vielen Seiten behindert. Alte Seilschaften, Politiker und Neider,  jeder will an den Fäden ziehen. Aber verbissen folgt er seinem Weg und lässt sich nicht aufhalten. Aber auch eine andere Seite hat Interesse an den Machenschaften des Ministers und so kommt noch ein Mitspieler zum Zug und der Fall wird nicht einfacher.
Dieser Krimi ist vielschichtig, komplex – um nicht zu sagen kompliziert – aufgebaut. Verschiedene Handlungsstränge und Erzählebenen fordern die volle Aufmerksamkeit. Für mich nicht immer ganz einfach, dass Personen mal mit Nachnamen, mal mit Vornamen, mal mit Dienstrang genannt wurden. Da brauchte ich etwas Zeit um mich einzulesen und nicht die Orientierung zu verlieren. Aber hat man sich eingelesen, ist man gepackt und kann nicht mehr aufhören.  Die Verwicklungen von Finanz und Politik ist so realistisch geschildert, dass man um unsere Gesellschaft fürchten muss. Als ehemaliger Polizist weiß der Autor wovon er schreibt. Die Protagonisten sind real, tiefgründig und sehr lebensecht dargestellt, Sympathien konnte ich eigentlich für keinen der Hauptcharakter – außer für Kubica - entwickeln. Aber es ist halt auch ein schmutziges Geschäft, in dem der Roman angesiedelt ist. „Ein neuer Mensch hat sich entwickelt. Der oberflächliche, abgestumpfte, konsumorientierte Egoist, der an nichts glaubt außer an die Macht des Geldes.“ Dieser Satz kann als Grundaussage stehen.
Wenn es nicht immer wieder diesen morbiden, schwarzen Wiener Humor gäbe, diese kleinen giftigen Einschübe, könnte man fast in Tristesse versinken. Überhaupt ist der Schauplatz Wien ein Lichtblick, wie die Stadt und ihre Menschen geschildert werden, hat mir gut gefallen.  Ich hoffe nur, dass die österreichische Realpolitik hier im Roman nicht gespiegelt ist, dass würde mir doch den Glauben an unsere Gesellschaft rauben, obwohl bei manchen Vorgängen….
Ein stark geschriebener Krimi mit Tiefgang, gesellschaftspolitischem Anspruch und einer Spannung, die sich von Kapitel zu K