Rezension

Wieder überzeugend

Wisting und der Atem der Angst
von Jørn Lier Horst

Bewertet mit 5 Sternen

Der Mörder Tom Kerr soll die Polizei zur Leiche eines Opfers führen, doch es gelingt ihm zu fliehen. Möglicherweise hatte er Hilfe von einem Komplizen, der wahrscheinlich auch die Taten mit verübte, von der Polizei „Der Andere“ genannt – die Fahndung nach den beiden Straftätern läuft nun auf Hochtouren.

William Wisting war mitverantwortlich für die Sicherung Tom Kerrs, und wird nun zum Sündenbock. Nicht nur die interne Ermittlung hat ihn im Visier, er wird auch vom Dienst beurlaubt. Dennoch versucht er, die Ermittlungen mitzuverfolgen.

Seine Tochter Line, Journalistin, war von Adrian Stiller, dem Leiter der Cold-Cases-Abteilung, beauftragt worden, den Ortstermin per Filmaufnahme zu dokumentieren. Im Anschluss möchte sie einen Bericht über Tom Kerr veröffentlichen, muss damit aber warten, bis die Ermittlungen abgeschlossen sind. Auch sie ermittelt auf ihre Art.

Adrian Stiller hatte einmal mehr Hintergedanken, doch so hatte er sich das nicht vorgestellt.

Wisting gefällt mir wieder sehr gut, man merkt einfach, wie erfahren er ist, und es ist auch schön, einmal keinen gebrochenen Ermittler zu erleben. Wisting ist Witwer, hat Tochter und Enkelin, und ein ganz normales Leben, ohne besondere Probleme. Er ist mit Verstand und Herz beim Ermitteln, und wirkt dabei immer sachlich, aber nie gefühllos. Dies charakterisiert auch den Erzählstil, der Autor, selbst vom Fach, erzählt ruhig und sachlich.

Line Wisting ist Journalistin und hat daher ihre eigene Motivation, die nicht unbedingt die der Ermittler entspricht. Line hatte bisher in jedem der Cold-Case-Fälle ihre Rolle. Manchmal erscheint sie zu unvorsichtig.

Adrian Stiller kocht immer sein eigenes Süppchen, wofür er auch andere benutzt, ohne seine Intentionen offenzulegen. Sicher tut er das immer „für die Sache“, aber er nimmt damit in Kauf andere in Gefahr zu bringen, während er sich in der Regel absichert. Sympathisch ist das nicht, wirklich unsympathisch ist er mir aber dennoch nicht, denn letztlich will er vor allem eines: Täter ihrer Strafe zuführen.

Wenn man als Leser erfährt, was Tom Kerr seinen Opfern antut, hofft man sofort, dass er schnell wieder gefunden wird, und hat gewisse Befürchtungen, wer sein nächstes Opfer werden könnte. Auch zum Anderen ergeben sich einige Verdachtsmomente, und man kann als Leser prima miträtseln, wer das sein könnte. Die Auflösung ist dann gewohnt nachvollziehbar.

Auch der dritte Band der Cold-Cases-Reihe hat mich überzeugt. Hier erhält man interessante Fälle, die sachlich und kompetent gelöst werden. Sachlich und kompetent wirkt auch der Erzählstil. Für mich ist diese Reihe eine der besten Krimireihen, die ich kenne. Gerne vergebe ich wieder volle Punktzahl und eine Leseempfehlung für Genrefans.