Rezension

Wer spielt hier ein falsches Spiel?

Fremd - Arno Strobel, Ursula Poznanski

Fremd
von Arno Strobel Ursula Poznanski

Bewertet mit 4 Sternen

Joanna steht im Bad, als sie plötzlich merkt, dass die Außenbeleuchtung von ihrem Haus angeht. Zuerst ist sie verwundert, wer soll das sein und dann läuft es ihr kalt den Rücken runter, als sie ein Geräusch aus der Küche hört. Mit einem Angst- und Panikgefühl schleicht sie sich runter um nach zuschauen und tatsächlich steht ein Mann vor ihr. Allerdings benimmt er sich nicht wie ein Einbrecher, sondern behauptet ihr Freund, ja sogar Verlobter zu sein und sie möge doch bitte wieder zu Verstand kommen. Joanna glaubt ihm kein Wort, sie lebt allein, es gibt keinen Mann in ihren Leben und versucht zu fliehen, was dem Fremden aber gar nicht passt. Ihr bleibt nichts anderes übrig als sein Spiel mitzuspielen, aber was ist, wenn er Recht hat? Ist sie verrückt geworden? Oder spielt man ein böses Spiel mit ihr? Aber nicht nur sie scheint mit ihrem Schicksal zu kämpfen, sondern auch ihr „Verlobter“, dem so einige Dinge passieren. Irgendwas stimmt nicht und je länger die Situation anhält, um so schlimmer wird das Spiel und Joanna muss jemanden trauen, der ihr doch völlig fremd ist. Wird sie es schaffen, aus diesem Spiel schlau zu werden?

Projekte von zwei Autoren sind ja immer so eine Sache, entweder gelingt es ihnen richtig gut, oder viele Köche verderben den Brei. Hier muss ich wirklich sagen, dass die Zusammenarbeit von Ursula Poznanski und Arno Strobel wirklich gelungen ist. Diese beiden haben sich wirklich ein interessantes Setting ausgesucht und konnten mich wirklich für ihre Geschichte begeistern. Außerdem haben sie sich durch ihre beiden Hauptfiguren richtig gut austoben können und sich einen richtigen Schlagabtausch geliefert.

Fangen wir mit Joanna an, eigentlich kommt sie aus Australien und ist ihrem Elternhaus mehr oder weniger entflohen. In Deutschland fühlt sie sich eigentlich sehr wohl und kann zum ersten Mal ihr Leben so leben, wie sie gerne möchte. Allerdings kann sie sich an keinen Mann erinnern, der an ihrer Seite lebt und den sie liebt und dann steht da Erik im Wohnzimmer, der genau das Gegenteil behauptet. Die Angst, Panik und denn Unglaube kann man hier dieser Figur voll abnehmen. Man spürt förmlich ihre Verwirrung und leidet mit ihrem Wechselbad der Gefühle förmlich mit. Ich mochte sie recht gern, auch wenn ich für mich sagen muss, hätte ich diesen Fremden so schnell vertraut? Ich weiß es nicht, aber die Situation war schon sehr besonders.

Erik ist Arno Strobel wirklich gut gelungen und ich mochte ihn unheimlich gern. Er spiegelt genau das andere Extrem wieder, er kommt nach Hause, nach einem schrecklichen Tag und findet seine Sachen nicht, seine Verlobte erkennt ihn nicht und reagiert mit Schrecken und Angst auf ihn, für mich würde auch eine Welt zusammenbrechen. Dieser Unglaube, diese Hilflosigkeit und der Wunsch alles wäre nur ein Albtraum und man muss endlich aufwachen, war wirklich total nachvollziehbar. Wie kann man jemanden von seiner Unschuld überzeugen, der auf einmal völlig fremd ist, wie sich darauf einlassen. Für Erik ist diese Situation die Schlimmere und er muss versuchen, herauszufinden, was mit Joanna los ist und ihre alten Gefühle wieder erwecken. Eine Aufgabe, die ihn an den Rand seiner Grenzen bringt und nicht nur privat hat er zu kämpfen.

Diese Geschichte lässt sich wahnsinnig schnell lesen, man rauscht nur so durch die Seiten, möchte wissen, wie es weitergeht und warum Joanna sich nicht erinnern kann. Oder ist es doch Erik, der hier ein böses Spiel spielt? Diese Mischung aus Lügen und Wahrheit lässt einen nicht los und mit jedem weiteren Kapitel möchte man einfach wissen, wohin läuft dieses Spiel und was steckt wirklich dahinter. Ich bin ja bei solchen Geschichten, wo der Anfang richtig stark ist ,immer etwas skeptisch mit der Auflösung, meistens ist sie lapidar, oder aus dem Nichts gezogen, aber hier konnte ich gut mit leben und fand den Ansatz in diese Richtung klasse gewählt und sehr aktuell. Allerdings muss ich auch sagen, so viel Spaß ich an diesem Buch auch hatte, das Grundgerüst haben sich die beiden schon perfekt zusammengesetzt, um einige Unstimmigkeiten besser vertuschen zu können. Mich hat es beim Lesen nicht sonderlich gestört, weil ich einfach mit den Figuren mitgegangen bin, aber im nach hinein, war es schon schlau gewählt und könnten die kritischen Leser nicht ganz so überzeugen.

Ein Thriller über Wahrheiten, Vertrauen und auch die Liebe, der spannend geschrieben ist und einen so einige Wendungen mitmachen lässt. Dabei benötigt er gar nicht viel, sondern nur ein Paar, was sich neu finden muss, um aus diesem Spiel auszubrechen und genau dieses Spiel ist höllisch unterhaltend. Wer also mal einen anderen Thriller lesen möchte, der sollte sich diesen gönnen.