Rezension

Wer ist Jesse?

Heimweh
von Marc Raabe

Bewertet mit 4 Sternen

Zum Inhalt:

 

Jesse Berg lebt in Berlin und arbeitet erfolgreich im Krankenhaus als Kinderarzt. Sein Privatleben sieht allerdings weniger rosig aus. Er ist frisch geschieden und sieht deshalb seine kleine Tochter Isa seltener als ihm lieb ist. Doch dann bricht seine Vergangenheit, die er am liebsten vergessen würde, mit aller Macht über ihn hinein: Seine Exfrau Sandra wird ermordet und Isa entführt. Die Nachricht, die der Täter für Jesse hinterlässt, führt diesen in die Berge, ins Kinderheim Adlershof: die Hölle seiner Jugend. Und gemeinsam mit der Psychologin Jule, einer Freundin von Sandra, macht er sich auf den Weg nach Garmisch Partenkirchen.

Jesse hat teilweise nur verschwommene Erinnerungen an die Zeit, die er im Heim verbracht hat. Aber es leben immer noch Menschen dort, die er nur zu gut kennt. Und er kommt dem Geheimnis, das ihn damals fast das Leben gekostet hat, immer näher. Doch dann gibt es noch mehr Opfer, und Jesse und Jule geraten auf der Suche nach Isa in höchste Lebensgefahr.

 

Meine Meinung:

 

Das Buch ist unterteilt in zwei Erzählstränge: Der eine spielt in der Gegenwart und schildert die aktuellen Geschehnisse und die Suche nach Isa. Im zweiten geht es um die Ereignisse, die sich damals im Adlershof zugetragen haben. Der Autor wechselt beständig zwischen diesen beiden Zeitebenen, was meines Empfinden nach die Dynamik des Buches sehr erhöht. Immer wenn es gerade richtig spannend wird, wechselt der Autor wieder die Perspektive, so dass es ständig kleine Cliffhänger gibt.

 

Die Geschichte finde ich wirklich gut konstruiert, auch wenn ich nach ca. zwei Dritteln des Buches geahnt habe, was damals wirklich passiert ist. Und das Ganze wird am Schluss stimmig und logisch aufgelöst.

 

Ein bisschen indifferent bleibt der Protagonist Jesse. Er ist nicht wirklich ein Sympathieträger, und irgendwie konnte ich nicht so richtig warm mit ihm werden. Das mag daran liegen, dass es den Jesse von damals und den von heute gibt, die doch so unterschiedlich scheinen. Als Leser weiß man nicht so recht, woran man mit Jesse wirklich ist. Aber das ist natürlich der Geschichte geschuldet, da das ja gerade die Crux ist. Trotzdem hätte ich mir Jesse etwas positiver und empathischer gewünscht, um mich besser mit ihm identifizieren zu können. Die heimlichen Helden für mich sind jedoch der alte Artur Messner und die kleine Ida, die ein tolles Team ergeben.

 

Gelungen hingegen finde ich den Titel des Buches: HEIMWEH. Wegen der Doppeldeutigkeit des Begriffs, die mir bisher noch nie so in den Sinn gekommen ist. Dass „Heim“ auch sehr „weh“ tun kann, kann wohl niemand nachempfinden, der nicht selbst in einem aufgewachsen ist.

 

Auch das Cover gefällt mir gut, da es mich an einen Raum erinnert, in dem man jemanden gefangen hält, was wiederum sehr gut zum Inhalt passt.

 

Fazit:

Ein wirklich gelungenes und spannendes Buch, das mit einem etwas sympathischeren Protagonisten noch besser geworden wäre.