Rezension

tolle Idee mit Schwächen in der Umsetzung

Mein Herz zwischen den Zeilen - Jodi Picoult, Samantha van Leer

Mein Herz zwischen den Zeilen
von Jodi Picoult Samantha van Leer

Bewertet mit 3.5 Sternen

Delilah ist ein typischer amerikanischer Teenanger, der seine Zeit lieber mit Büchern als mit Gleichaltrigen verbringt. Besonders angetan hat es ihr ein Märchenbuch, in dem Prinz Oliver, genau wie sie selbst, vaterlos aufwächst. Als Oliver plötzlich mit ihr spricht, beginnt Delilahs eigenes Märchen. Wird sie es schaffen, ihren Prinzen, der sich in seiner Buchwelt eingesperrt fühlt, herauszuhelfen?

Die Idee der Geschichte gefällt mir total gut: Wenn wir ein Buch zuschlagen, verlassen die Figuren ihre festgelegten Rollen und führen ein Eigenleben innerhalb der ihnen zur Verfügung stehenden Kulissen. Aber was, wenn ihnen die Grenzen zu eng werden und sie nicht immer wieder die gleiche Geschichte spielen möchten? Dann beginnt das Buch plötzlich mit seinem Leser zu sprechen... Delilah und Oliver probieren viele Wege aus, Olivers Leben zu ändern, aber das Buch legt ihnen immer wieder Steine in den Weg. Es ist spannend zu verfolgen, was sie sich neues einfallen lassen und wie das Buch darauf reagiert.

Auch die Erzählform der Geschichte ist sehr gelungen. Erzählt wird abwechselnd in der Ich-Perspektive von Delilah und Oliver. Dazwischen gibt es Einschübe, die Stück für Stück das Märchen, das Oliver immer wieder durchlebt, wiedergeben.
Die Ich-Perspektive läst dabei nur eine eingeschränkte Sicht zu, sodass viele andere Personen eher blass bleiben.
Der Stil ist sehr leicht und flüssig zu lesen. Die Sprache ist sehr bildhaft, sodass man sich die Ereignisse gut vorstellen kann. Wortwahl und Ausdruck sind dabei den Jugendlichen Protagonisten in ihrer jeweiligen Lebenswelt authentisch angepasst.

Positiv erwähnt werden muss auch die Aufmachung des Buches. So gibt es zu Beginn jedes Märchenkapitels eine einseitige Zeichnung, die zur jeweiligen Handlung passt und mit vielen kleinen Details versehen ist. Darüber hinaus befinden sich im Text lauter kleine Bildchen, zu denen sich jeweils ein Bezug in der Handlung finden lässt.

Obwohl es mir großen Spaß gemacht hat, die Geschichte zu lesen, bin ich doch besonders mit dem Ende sehr unzufrieden. Befanden sich bereits im Buch kleine Logikfehler oder Unstimmigkeiten in dem Erzählten, so hinterlässt besonders das Ende einen faden Beigeschmack. Es bleiben zugunsten eines kitschig-schönen Happy Endes sehr viele Fragen offen, wobei für mich die Erklärung, warum passiert, was passiert, unschlüssig und mit dem vorherigen Ereignissen schwer vereinbar ist.

„Mein Herz zwischen den Zeilen“ reizt durch eine interessante Idee und einen jugendlich-leichten Erzählstil. Für Mädchen der angegebenen Altersempfehlung von 12 bis 15 Jahren, die sich ebenso wie Delilah gern in eine Märchenwelt flüchten, bietet das Buch Lesespaß, Spannung und einige Szenen zum Träumen. Insgesamt bleibt die Geschichte aber leider etwas oberflächlich, und fehlende Erklärungen zu bestimmten Vorgängen ebenso wie die vielen unbeantworteten Fragen zum Schluss trüben den Gesamteindruck.