Rezension

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Tolle Grundidee, enttäuschendes Ende

Love Show - Britta Sabbag

Love Show
von Britta Sabbag

Bewertet mit 3 Sternen

Die 17-jährige Ray verbringt schon ihr ganzes Leben auf einer kleinen Insel vor Neuseeland und ist mit sich und der Welt im Reinen. Was sie nicht weiß: Sie ist Teil einer großen, inszenierten Fernsehshow und steht unter ständiger Beobachtung von Fernsehzuschauern auf der ganzen Welt. Als sie sich gegenüber ihrem besten Freund Noah nicht so verhält, wie die Macher der Show es geplant hatten, wird ein junger Schauspieler in ihre vermeintliche Realität eingeschleust. Er soll dafür sorgen, dass Ray sich vor laufender Kamera in ihn verliebt. Der Plan geht auf. Aber was ist von dieser Liebe zu halten?  Was passiert, wenn Ray herausfindet, dass ihr Leben ein Fake ist?

Der Plot der Geschichte ist einfallsreich und spannend, auch wenn er an den Film „Truman Show“ erinnert. Der Leser taucht zunächst in die detailliert und bilderreich geschilderte Inselwelt von Aroha Island ein, was wirklich Spaß macht. Schnell entwickelt sich ein Spannungsbogen, als Ray in Noahs Garten ein Kabel und eine versteckte Kamera findet. Ab diesem Zeitpunkt stellt sich dem Leser die Frage: Was wird passieren, wenn Ray erkennt, dass ihr Leben auf einer großen Lüge basiert? Als auch noch der junge Schauspieler Liam auf den Plan tritt, entwickelt sich eine zarte Liebesgeschichte. Aber auch Rays Jugendfreund Noah, mit dem sie aufgewachsen ist und dem sie sich tief verbunden fühlt, ist sichtlich in Ray verliebt. Es bleibt auch in Bezug auf diesen Handlungsstrang spannend, weil sich Ray sowohl zu Noah als auch zu Liam hingezogen fühlt. Wie wird sich Ray entscheiden?

Deutlich herausgearbeitet ist der Kontrast zwischen der zynischen, menschenverachten Welt der Fernsehshow und dem beschaulichen Inselleben auf Aroha Island. Die Passagen, die sich im Fernsehstudio abspielen, sind optisch gekennzeichnet und unterscheiden sich in Sprache und Ton deutlich vom Rest der Geschichte.

Die Hauptfiguren sind von der Autorin gut durchdacht worden. Ray ist mit der Natur und den Bewohnern der Insel sehr verbunden. Sie ist offen und freundlich, kann ihre Interessen aber trotzdem gut wahren und sich behaupten. Dabei ist sie kein bisschen zynisch und wirkt dadurch an manchen Stellen etwas naiv, was sich mit ihrer Weltunterfahrenheit erklären lässt. Obwohl Noah der impulsive, ungebändigte Charakter in der Geschichte ist, sind sich die Beiden in ihrer Liebe zur Insel doch sehr ähnlich. Liam, der einen ganz anderen Erfahrungshintergrund hat, hebt sich deutlich von Noah und Ray ab. Es lässt sich gut nachvollziehen, dass das Fremde an ihm auf Ray anziehend wirkt. Liebevoll gezeichnet sind Figuren, wie die Lehrerin Otti, mit ihren mit viel gutem Willen hergestellten, aber schier ungenießbaren Suppen und Smoothies. Sehr klischeehaft hingegen fällt Mr. X aus, der den Gegenpol zu Ray und Noah bildet und in seinen Eigenschaften sehr eindimensional böse ausgefallen ist.

+Achtung Spoiler+

Während die Geschichte noch in der ersten Hälfte einen interessanten Plot vorweist und spannende Fragen aufwirft, hätte ich mir für die zweite Hälfte mehr Informationen und Tiefe gewünscht. Unklar bleiben manche Lebensumstände von Ray, z.B. wie viel sie von der Außenwelt weiß und vor allem inwieweit sie Medien nutzen kann. Die Erschütterung von Ray, als sie entdeckt, dass ihr Leben nur ein Fake ist, wird zwar angesprochen, aber sie ist nicht so geschildert, dass man richtig mitfühlen kann. Ihr Abschied von der Insel und damit von ihrer Lebensperspektive wird kaum erwähnt. Der endgültige Abschied von ihrer wohl wichtigsten Bezugsperson, von ihrem Ziehvater Jim, wird eher nebenbei erzählt.

Das Ende der Geschichte hat mich persönlich richtig enttäuscht. Eine der Hauptfragen, für welchen der beiden Jungs sich Ray nun entscheidet, wird nicht beantwortet. Dass sich am Schluss Mr. X als jemand erweist, der einen kaltblütigen Mehrfachmord plant, und für Einschaltquoten über Leichen geht, war mir des Bösen zu viel. Auch dass die Insel Aroha und damit das Filmset durch einen Tsunami auf einen Schwupps verschwindet, löst zwar ziemlich viele Probleme in der Story, lässt den Leser aber etwas ratlos zurück. Ich hätte mir ein differenzierteres Ende gewünscht, das eine Auseinandersetzung von Ray mit den Menschen enthält, die ihr etwas vorgespielt haben. Das offene Ende war mir deutlich zu offen. Ich hätte gerne gewusst, und wenn auch nur in Ansätzen, wie Ray es schafft, die Vergangenheit hinter sich zu lassen und eine Lebensperspektive in der realen Welt zu finden.

Fazit:

„Love Show“ verfügt über eine wirklich tolle Grundidee. Man taucht in die inszenierte Welt der Protagonistin Ray ein und verfolgt mit Spannung den Verlauf der Geschichte. Das Ende der Story ist leider enttäuschend, da zu viele Fragen offen bleiben.