Rezension

Sehr vielversprechender Serienstart

Unschuldslamm - Judith Arendt

Unschuldslamm
von Judith Arendt

Bewertet mit 4 Sternen

"Unschuldslamm" von Judith Arendt der erste Roman der "Ruth Holländer"-Buchserie und ist im Januar 2014 beim Ullstein-Taschenbuchverlag erschienen. Die Autorin lebt mit ihrer Familie in der Nähe von München.

Hauptprotagonisten Ruth Holländer ist 50 Jahre alt und Alleinerziehende Mutter zweier fast erwachsener Kinder. Nach der Trennung von ihrem Mann hat sie sich den Traum eines kleinen französischen Bistros mitten in Berlin erfüllt.
Derya, eine kurdische Mitschülerin ihrer Tochter Zoe, wurde vor einigen Monaten grausam ermordet. Der Täter scheint festzustehen. Nun kommt es zum Prozess, in dem der ältere Bruder des Opfers angeklagt wird, seine Schwester aus religiösen Motiven ermordet zu haben. Doch für Ruth erscheint der Fall nicht schlüssig und sie zweifelt an der Schuld des Angeklagten. Ihr erster Schöffen-Fall wird für sie somit zur nervlichen und emotionalen Zerreißprobe.

Die 320 Seiten sind in überschaubar kurze Kapitel gegliedert, die aus unterschiedlichen Perspektiven geschrieben sind und lassen sich sehr flüssig lesen.
Aus Sicht von Ruth geht es meistens um die Gerichtsverhandlungen, aber auch um ihr Privatleben. Trotz eigenem Bistro schafft sie eine gute Ballance zwischen Arbeit und Familie. Manche Abschnitte sind aus Sicht von Vali geschrieben, dem Freund des Opfers, der um seine große Liebe trauert und in seiner Familie alles andere als glücklich ist. Da seine Eltern mit anderen Dingen beschöftigt zu sein scheinen, kümmert er sich für einen Jungen seines Alters rührend um seinen kleinen Bruder. Hier und da taucht der Leser ab in die Vergangenheit und erfährt nach und nach, wie Derya ihre letzten Tage ihres viel zu kurzen Lebens verbracht hat. Aufgrund dieser Abschnitte stellt man immer wieder neue Theorien auf, was sich vor ihrem Tod abgespielt haben könnte.

Ich finde es toll, wie die Autorin mit diesem Buch das Krimi-Genre aus einem neuen Blickwinkel erzählt. Einen Krimi aus der Perspektive eines Schöffen ist zumindest mir noch nicht untergekommen. Auf diese Art und Weise lernt man quasi noch etwas zum Justizwesen des eigenen Landes. Schön hätte ich noch gefunden, wenn die Autorin noch etwas weiter ausgeholt hätte, was das Amt des Schöffen angeht. Wie wird man Schöffe? Bewirbt man sich dafür und muss dann quasi ausgelost werden? Im Buch erhält Ruth eines Tages einen Brief, in dem sie zur Schöffin ernannt und einem speziellen Fall zugeteilt wird. Aber irgendwie muss das Gericht ja auf sie gekommen sein. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Ruth sich dafür mal beworben hat. Dafür wirkte sie auf mich zu überrascht.

Die Integration ausländischer Kulturen in Deutschland, insbesondere die Zwangsheirat ist schon vielfach diskutiert worden. Aber trotz nach außen hin moderner Lebensweisen, scheint es doch in vielen in Deutschland lebenden Familien noch Gang und Gebe zu sein. Ich finde diese Tradition furchtbar und hoffe, dass Mädchen mit deutscher Staatsbürgerschaft irgendwann gesetzliche Unterstützung erhalten, um sich gegen diese Vorgehensweise wehren zu können.

Das Buch zieht den Leser förmlich in seinen Bann. Auch ohne viel Blutvergießen und Brutalität schafft es die Autorin die Spannung in diesem Buch zum Ende hin immer mehr zu steigern, so dass man das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen mag.

Für mich ist "Unschuldslamm" ein absoluter Pageturner und ein großartiger Serienauftakt und ich hoffe, dass Judith Arendt uns nicht lange auf einen Nachfolger warten lässt.