Rezension

Schöne Idee, aber nicht viel dahinter

Mortal Kiss - Alice Moss

Mortal Kiss - Ist Deine Liebe unsterblich?
von Alice Moss

*Worum geht's?*
Faye und ihre beste Freundin Liz leben in einem kleinen, unspektakulären Dörfchen, in dem so gut wie nie etwas Aufregendes oder Auffälliges passiert - bis jetzt. Denn das bereits im September ein Wetter wie im tiefsten Winter herrscht und meterhoher Schnee die Straßen beinahe unpassierbar macht, ist selbst für eine Stadt namens Winter Mill ungewöhnlich. Mit den eisigen Temperaturen kamen auch neue Bewohner in den Ort: der coole Lucas Morrow, der mit seiner reichen und berühmten Mutter zusammenlebt, und der verwegene Finn, der mit seinem Vater und einer Bikergang sein Quartier in den Wäldern aufgeschlagen hat. Es dauert nicht lang, bis Faye von beiden Jungen sichtlich angetan ist. Und nicht nur sie! Von Tag zu Tag benehmen sich immer mehr Menschen der Stadt merkwürdig, als wären sie willenlos. Fest entschlossen, dem Grund dafür auf die Schliche zu kommen, bringt Faye eine gefährliche Lawine ins Rollen. Denn ihr Schicksal ist enger mit Finn und Lucas verknüpft, als sie ahnt. Beide bringen Gefahren mit sich, doch nur einer kann ihr die wahre Liebe schenken...

*Kaufgrund:*
Neben "Ashes - Brennendes Herz" war "Mortal Kiss: Ist deine Liebe unsterblich?" das zweite Buch, das mir in der Verlagsvorschau des neuen Verlags Egmont INK sofort aufgefallen ist. Das Cover hat mich förmlich angezogen!

*Meine Meinung:*
Der erste Teil der "Mortal Kiss"-Reihe beginnt ruhig und schleichend. Alice Moss erklärt ihren Lesern erstmal die Welt ihres Romans, bevor sie die Magie miteinfließen lässt: Winter Mill, der Schauplatz des Geschehens, ist ein tristes Dörflein in England. Für die besten Freundinnen Faye und Liz sind die anscheinend regelmäßigen Partys die Highlights ihres Highschool-Lebens - und selbstverständlich gehen sie ständig shoppen, denn jede Party verlangt ein neues Outfit. Mit dem plötzlichen Wintereinbruch, dem Auftauchen von Lucas und Finn und einer Leiche kommt zwar auch der erste von Hauch Magie und Abenteuer ins Spiel, doch der darf sich die erste Hälfte des Romans kaum entfalten. Outfits, Partys und Jungs bestimmen den Handlungsverlauf. Für jüngere Teenie-Leserinnen sind diese Szenen sicherlich mehr als aufregend; für mich persönlich - etwas bin ich aus dem Alter ja schon raus! - wurde es schnell langweilig.

Der zweite Teil des Romans nimmt dafür mächtig an Fahrt auf. Mit den ersten übersinnlichen und dramatischen Momenten entwickelt sich eine große Spannung, die zum Weiterlesen anregt und die Seiten wie Butter dahinfließen lässt. Insgesamt bleibt "Mortal Kiss: Ist deine Liebe unsterblich?" bis zur letzten Seite allerdings eher leichte Kost. Der Handlungsverlauf ist bis auf ein paar kleinere Details zwar spannend beschrieben, aber sehr vorhersehbar - eben gute Unterhaltung für Zwischendurch. Mit weniger Outfit-Beschreibungen und mehr Tiefe und Gefühl hätte Moss noch einiges aus ihrem Roman herausholen können. Der Epilog weckt jedenfalls das Interesse an der Fortsetzung und wirft noch einige Fragen auf; wer weiß, vielleicht kann sich Moss im nächsten Teil von "Mortal Kiss" ja selbst übertreffen?

Die Idee hinter der Geschichte hat mir ausgesprochen gut gefallen. Durch das Cover und das Genre ist es bereits offensichtlich: In "Mortal Kiss: Ist deine Liebe unsterblich?" spielen Werwölfe eine entscheidende Rolle. Doch statt sich der üblichen Werwolf-Klischees anzunehmen, hat sich Moss eine neue, wundervolle Hintergrundgeschichte ausgedacht, die einem Märchen entsprungen sein könnte. Schreckliche Flüche, verwunschene Spiegel und eine nie erloschene, unmögliche Liebe. Ja, hier hat Moss alles richtig gemacht und genau meinen Geschmack getroffen!

Die Charaktere sind sehr facettenreich und individuell. Jeder von ihnen hat seine ganz eigene Persönlichkeit und unterschiedliche Interessengebiete; vom Streber über den wilden Biker bis hin zur Partygöre. Durch diese große Vielfalt ergänzen sich die Figuren untereinander und bilden ein gutes Team. Jeder Leser wird wenigstens einen Charakter finden, mit dem er sympathisieren kann. Da es in "Mortal Kiss: Ist deine Liebe unsterblich?" keine richtigen Protagonisten gibt, sondern jede Figur irgendwann eine kleine Hauptrolle einnimmt, wird sogar jeder Charakter näher beleuchtet. Leider bleiben sie gerade deshalb allesamt sehr oberflächlich. Als Leser erhält man viele triviale, jedoch keine tiefgründigen Informationen, die Faye und ihre Freunde zu etwas besonderem machen könnten. Auf diese Weise bleiben sie eher mittelmäßige Charaktere in der breiten Masse des Genres.

Die Dreiecksbeziehung zwischen Faye, Lucas und Finn könnte nicht klischeehafter sein. Zwei Jungs, die um dasselbe Mädchen buhlen, und deren eigene Schicksale enger miteinander verwoben sind, als sie es selbst für möglich halten. Das allseits verhasste "So etwas habe ich doch schon einmal gelesen!"-Gefühl ist in "Mortal Kiss" ein ständiger Begleiter und da die gesamte Dreiecksbeziehung so wenig Individualität und Authentizität besitzt, möchte man darüber auch nicht hinwegsehen. Wer kann denn glauben, dass Faye von der großen Liebe spricht, obwohl sie beide Jungen erst seit wenigen Wochen kennt und keinen von beiden wenigstens geküsst hat? Alice Moss hat das Kennenlernen und Entwickeln der Gefühle vollkommen übersprungen und mit einem knappen Satz a la "Es war, als würden sie sich schon immer kennen." abgearbeitet.

Die Geschichte wird von einem auktorialen Erzähler (dritte Person, allwissend, außenstehend) geschildert, der uns einen Einblick in die verschiedenen handelnden Personen ermöglicht. Denn dieser hier heftet sich nicht bloß an Faye, die augenscheinliche Protagonistin, sondern erzählt "Mortal Kiss" aus allen möglichen Blickwinkeln. Ob Faye, Liz, Lucas, Finn oder sogar Polizeichef Wilson - fast jeder Charakter wird mindestens einmal näher beleuchtet. Während der ersten Kapitel ist dieser eher seltene Erzählstil recht ungewohnt, da man nicht weiß, auf welche Figur man sich nun konzentrieren soll, doch im Laufe des Romans wird man immer dankbarer dafür. Dem Leser wird so ein breites Spektrum an Gefühlen und Gedanken geboten!

Der Schreibstil konnte mich nicht völlig überzeugen. Man konnte beim Lesen praktisch spüren, dass es sich hierbei um Alice Moss' ersten Roman handelte. Karge Sätze, einige Wortwiederholungen oder Gefühlsbeschreibungen, die nicht recht auf den Leser überspringen wollten. Glücklicherweise gab es auch einige Höhen, die doch noch für einen mitreißenden Lesefluss sorgten. Insgesamt hat der Schreibstil zwar seine Stolperstellen, aber ich bin mir sicher, dass diese mit Moss' weiteren Romanen und somit ihrer Übung verschwinden werden.

*Cover:*
Ja, schon wieder ein Mädchengesichter - wie originell! Eigentlich ist die obere Hälfte des Covers von "Mortal Kiss" ein Paradebeispiel dafür, wie ich es NICHT mag: es sieht in jeglicher Hinsicht aus wie andere Cover des Genres! Die untere Hälfte gefällt mir dagegen so gut, dass ich kaum wegschauen mag. Ein Wolf, der in einer verschneiten Landschaft steht, und dem potenziellen Leser direkt in die Augen sieht. Was für ein Blickfang!

*Fazit:*
Schöne Idee, aber nicht viel dahinter. Alice Moss hätte mit mehr Tiefe noch einiges aus ihrem Roman herausholen können. Der erste Teil der "Mortal Kiss"-Reihe wird Romantic-Fantasy- und Werwolf-Fans sicherlich ein paar unterhaltende Lesestunden bieten können, aber das neue Lieblingsbuch wird man hier nicht finden. Insgesamt vergebe ich schwache 3 Sterne.