Rezension

Gute Geschichte mit kleinen Schwächen

Mortal Kiss - Alice Moss

Mortal Kiss - Ist Deine Liebe unsterblich?
von Alice Moss

Bewertet mit 4 Sternen

In der Kleinstadt Winter Mill scheint die Zeit still zu stehen. Bereits im September ist die Stadt vollkommen eingeschneit, was mehr als unüblich ist. Zudem ist die Stadt verunsichert, weil sich eine Gruppe von Bikern in den Wäldern niedergelassen hat. Viele Einwohner sehen eine Gefahr in sie und meiden sie, wo sie nur können. Nur Faye und ihre Tante Pam sind da anderer Meinung und geben den Bikern eine Chance. Doch als dann eine Leiche in den Wäldern gefunden wird, wissen auch sie nicht, wem sie trauen sollen.
Mit Mercy und ihrem Sohn Lucas kommt neuer Schwung in die Stadt und die Menschen können den Mord vergessen. Mercy, eine reiche und prominente Frau, ist direkt das Stadtthema und jeder möchte mehr über sie erfahren. Wieso ist ausgerechnet sie in so eine Kleinstadt gezogen?
Als Faye nach einer Party von Wölfen angriffen wird, scheint sich endgültig alles um sie herum zu verändern. Die Bürger der Stadt verändern sich und wirken wie hynotisiert und Faye wird von Lucas und Finn, einem der Biker, umgarnt. Doch für wen wird sie sich entscheiden? Und wieso scheint die Stadt wie verzaubert?

“Mortal Kiss” war für mich mehr oder weniger ein Experiment, denn normalerweise bin ich nicht unbedingt ein Fan von Geschichten, die Werwölfe thematisieren. Allerdings hat mich dieses Buch dann doch sehr überrascht, denn diese Geschichte ist weit mehr, als eine einfache Fantasy-Geschichte. Die Geschichte lebt hauptsächlich von den Charakteren, die in dem Buch erwachsen werden und ihre Sicht der Dinge ändern. Vorurteile lösen sich auf und man erkennt, dass nicht immer alles so ist, wie es scheint.

Alice Moss hat mich mit ihrem Schreibstil überzeugt. Sie schreibt flüssig, mitreissend und auch die teilweise saloppe Jugendsprache kam gut rüber, ohne aufgesetzt zu wirken. “Mortal Kiss” ist Alice Moss’ erstes Buch.
Die Geschichte legt sich nicht auf eine Perspektive fest und wechselt immer hin und her, was mir die Charaktere direkt näher gebracht hat. Ihre Gedanken sind zum Großteil nachvollziehbar und trotz der vielen Fantasyelemente sehr authentisch.

Vor allem die Charaktere haben mir nach anfänglichen Schwierigkeiten ganz gut gefallen. Vor allem Faye ist ein Mädchen, dass man schnell ins Herz schließt. Durch den frühen Tod ihrer Mutter lebt sie mit ihrem Vater und ihrer Tante zusammen. Da ihr Vater beruflich oft wochenlang aus der Stadt raus ist, kümmert sich ihre Tante Pam wie eine Mutter um sie, was Faye sichtlich gut tut. Sie ist intelligent, zielstrebig und verlässt sich nicht nur auf ihr Herz. Trotzdem ist sie an manchen Stellen doch sehr naiv, besonders was ihre Gefühle für Finn und Lucas betrifft. Beide kennt sie nur ein paar Tage, entwickelt aber zum Teil derartig starke Gefühle, sodass ich da nur mit dem Kopf schütteln konnte.
Gefühlstechnisch ist es bei Liz genauso, wobei Liz noch eine Spur naiver als Faye ist. So malt sie sich z.B. direkt bei ihrer ersten Begegnung mit Lucas aus, wie sie zusammenkommen und das Traumpaar der Schule werden. Viele Sympathiepunkte hat sie während der Geschichte nicht bei mir gesammelt.
Lucas uns Finn können unterschiedlicher nicht sein. Beide haben einen unterschiedlichen Lebensstil und andere Ziele im Leben, lassen sich aber von der gleichen Macht beherrschen, was nur nicht auf dem ersten Blick klar ist. Deutlich sympathischer war mir hier Finn. Er ist weniger aufdringlich und strahlt was düsteres aus, was direkt mein Interesse geweckt hat. Lucas ist mir dagegen zu aufdringlich und selbstsicher gewesen.

Leider gibt es in diesem Buch ein paar größere Logikfehler.
Beispiel: Faye flüchtet aus dem Wald und lässt ihr Handy fallen. Da sie vor den Wölfen große Angst hat, rennt sie einfach weiter, ohne das Handy zurückzuholen. Als sie an der Straße ankommt, wird sie direkt von Finn gefunden und nach Hause gebracht.
Am nächsten Tag schreibt ihr Liz eine SMS, die sie direkt beantwortet. Wie kann das sein? Es wird nirgendwo erwähnt, dass das Handy zurückgeholt wurde oder sie ein neues hat. Und sollte sie ein neues Handy haben: Woher sollte Liz ihre Nummer haben?

“Endlich bekam Faye ihr Handy zu fassen, doch die verfrorenen Finger verfehlten die Wahltasten, und das Gerät fiel ihr aus der Hand und verschwand im Schnee. Faye schluchzte auf, traute sich aber nicht, stehen zu bleiben, sondern rannte weiter, mobilisierte all ihre Kräfte.” (Seite 77)

“Sie zog ihr Handy aus der Tasche und bat Faye per SMS, ins Einkaufszentrum zu kommen, weil sie ein Geschenk für sie habe. Dann wartete sie nervös auf Antwort, denn vielleicht war Faye ja so wütend auf sie, dass sie ihre Nachricht ignorierte, oder sie schrieb ihr – schlimmer noch – zurück, sie wolle sie nie wieder sehen [...] In diesem Moment vibrierte ihr Handy in der Tasche. Angespannt öffnete Liz die Nachricht, lächelte dann aber: ‘Komme, so schnell ich kann’, stand auf dem Display.” (Seite 97/98)

Knapp 100 Seiten später wird dann mal endlich auf das verloren gegangene Handy eingegangen: Faye hat angeblich ihr neues Handy verloren, wieso ihre beste Freundin aber ausgerechnet dann eine SMS an die alte Handynummer schreibt, wird nicht aufgelöst.

Etwas irritiert hat mich auch das Cover. Im Prinzip passt es schon sehr gut zur Geschichte und ist auch liebevoll gestaltet, aber das Mädchen auf dem Cover kann nicht Faye sein, denn diese wird im Buch als dunkelhaarig beschrieben. Da wäre es besser gewesen, wenn man sich für das Cover eine andere weibliche Person ausgesucht hätte.

Insgesamt konnte mich “Mortal Kiss” trotz einiger Fehler von sich überzeugen und zum Ende hin sogar überraschen. Ob eine Fortsetzung tatsächlich nötig ist, bezweifel ich, dennoch werde ich auch diese höchstwahrscheinlich lesen, weil mir Faye einfach wahnsinnig sympathisch ist. Besonders empfehlenswert für Fans von Maggie Stiefvater und Stephenie Meyer.