Rezension

Schöne Geistergeschichte

Liv, Forever - Amy Talkington

Liv, Forever
von Amy Talkington

Bewertet mit 3.5 Sternen

Inhalt
Liv spürt augenblicklich, dass es im Internat "Wickham Hall" nicht mit rechten Dingen zugeht: Wer oder was verbirgt sich in dem alten Gemäuer? Weiß der scheinbar unnahbare Malcolm etwas darüber? Liv verliebt sich in ihn. Unsterblich. Doch dann wird Liv hinterrücks ermordet. Aber sie ist nicht tot, sondern geistert mit den Seelen vieler anderer verstorbener Mädchen durch die Schule. Ist sie verflucht? Wie lässt sich der Bann brechen? Kann Liv zu Malcolm zurückkehren? Bald stößt sie auf das dunkle Geheimnis von "Wickham Hall"... 

Charaktere:
Olivia Bloom, kurz Liv, ist Einzelgängerin, Künstlerseele und Stipendiatin an der Eliteschule "Wickham Hall". Vom ersten Tag an spürt sie deutlich, dass sie nicht dazu gehört. Trotzdem macht sie ihr Ding, und das gefiel mir sehr gut an meiner Namensvetterin. Von all den eingebildeten Schnöseln hat Liv sich nicht beeinflussen lassen und das Positive an ihrer neuen Situation an der Schule gesehen. 
Nach ihrem Tod setzt sie alles daran, ihren Mörder zu finden und die anderen Geister von Wickham Hall und sich selbst zu erlösen. Dabei geht sie ihrem "Dolmetscher" und besten Freund Gabe zwar ziemlich auf die Nerven, beweist aber mehr als einmal, dass sie eine gute Freundin ist - sowohl für Gabe, als auch für Malcom.

Meinung:
Ein interessantes Thema, eine kurzweilige Geschichte und viel Kunst - das ist "Liv, forever". Dass Liv im Laufe des Buches stirbt, ist kein Geheimnis, sodass ihr Geisterdasein und die Suche nach ihrem Mörder und dem Grund für all die anderen, früheren Morde im Vordergrund steht. Somit teilt sich das Buch ein eine Hälfte mit lebender Liv und eine mit toter Liv.
Die lebende Liv hat ihre Umgebung, Gefühle und Mitmenschen sehr oft mit Motiven berühmter Gemälde verglichen und beschrieben. Das empfand ich als problematisch, denn für Kunst-Laien kommt dann keine Bildlichkeit zustande. Mit der Mona Lisa oder Dalís Uhren werden die Meisten noch etwas anfangen können, aber bei Hieronymus Bosch und William Blake wird es schwieriger. Und irgendwann hat man auch keine Lust mehr zum Googeln. Andererseits wurde auf diese Art Livs Kunst-Obsession sehr gut eingebracht.
Schwer zu kauen hatte ich auch am klischeehaften Verlauf der Romanze zwischen Liv und Malcom. Er war der erste Junge, der ihr am Internat aufgefallen ist, und sofort beginnt sie, sich in ihn zu verlieben. Am gleichen Tag küsst er sie, danach ist wochenlang Funkstille. Darüber hinwegsehend mochte ich aber die Charaktere sehr gern, da sich Malcom zum Glück nicht als versnobter Eliteschüler entpuppte, sondern zwischen familiärer Tradition und Selbstentfaltung hin- und hergerissen war. Auch Gabe entwickelte sich zu einem treuen Freund.
Sehr gut gefallen hat mir hingegen, wie die Geschichten der einzelnen Mädchen, die ebenfalls ermordet wurden, in den laufenden Text eingeflochten waren. Aller paar Kapitel bekam je eine von ihnen ein paar Seiten, auf denen sie ihre Geschichte erzählte, und dabei wurden sowohl Kleidung und Todesumstände als auch Sprache und Leben der Mädchen sehr gut an die jeweilige Zeit angepasst, in der sie starben.
Dadurch gewann das Buch an Abwechslung und dank des flüssigen Schreibstils und der zügig fortschreitenden Handlung haben sich die 316 Seiten schnell weggelesen.  

Insgesamt eine schöne Geistergeschichte, die den Zwiespalt der Jugend zwischen Tradition und Selbstentfaltung anreißt und zum Hinterfragen von vorgeschriebenen Dogmen anregt.