Rezension

Reitmeyers erster Fall und hoffentlich nicht der letzte

Der eiserne Sommer - Angelika Felenda

Der eiserne Sommer
von Angelika Felenda

Bewertet mit 4 Sternen

Inhalt

Wir befinden uns im Jahre 1914 in München, es ist Juni und der österreichische Thronfolger wurde gerade in Sarajewo erschossen.

Kommissär Sebastian Reitmeyer ist geschockt, doch zum Nachdenken bleibt ihm vorerst keine Zeit, denn eine Leiche wurde an der Isar gefunden und er muss zuerst einmal herausfinden, ob es sich um Mord oder einen Unfall handelt.

Auf den ersten Blick erscheint der Todesfall wie ein Unfall, doch einige Einzelheiten machen den Polizisten stutzig. Die Leiche wird obduziert und bald ist klar, es war Mord.

Schon kurz darauf erscheint die nächste Leiche, die Todesursache ist identisch. Reitmeyer ermittelt, doch ihm werden Stolpersteine in den Weg gelegt, denn er bewegt sich auf sehr delikaten Wegen.

Schnell wird klar, dass seine Ermittlungen ihn in Richtung Militär und gleichzeitig in die homosexuelle Szene führen. Doch angesichts der Umstände darf das Ansehen des Militärs zu keinster Weise geschwächt werden.Doch die Morde haben irgendetwas mit Erpressung zu tun und was schadet dem Ruf mehr als das, was ein Erpresser zwangsläufig gegen jemanden in der Hand hat???

Auch wenn Reitmeyer versucht sehr diskret vorzugehen, so will er doch den Mörder fassen und ermittelt weiter, doch plötzlich bekommt das Ganze einen sehr persönlichen Charakter, was ihn wiederum ausbremst....

Meine Meinung

Bei einem Roman, der in München spielt, erwartet man eine sehr akzentgeladene Sprache. Zwar kann man dies hier in Ansätzen merken, doch diese gestalten sich so gering, dass man nicht aus dem Lesefluss herausgeworfen wird, ganz im Gegenteil, es entsteht ein sehr familiärer Effekt der Heimeligkeit, der schwer zu beschreiben ist, ich versuche es dennoch. Es ist eine Art Wärme in der Sprache, der einem die Menschen des Buches näher bringt und übrigens einen sehr schönen Kontrast mit der Sprache der Militärs bildet.

Die Zeit in der das Buch spielt ist interessant gewählt. Das Attentat auf den Thronfolger, zwar ist dies nicht Hauptthema, wird jedoch immer wieder thematisiert in Form von wilden Spekulationen und ist natürlich ein wichtiges Motiv, da das Ereignis den Ermittler indirekt behindert.

Sehr interessant ist auch die Rolle, die die Polizei spielt und das geringe Ansehen, das die hier beschriebenen Polizisten haben.
So als Beispiel Ermittlungen, die immer wieder unterlaufen werden, da sich der Kommissär in höheren Kreisen bewegen muss. Niemand will ihm helfen, da jeder nur um seinen Ruf fürchtet und so kein Aufsehen in Form von polizeilichen Ermittlungen oder gar manchmal auch nur deren Anwesenheit erregen will.
Unser Ermittler hat nicht viele technische Hilfsmitteln und muss sich bei seiner Arbeit auf seinen zugegeben scharfen Verstand verlassen und dabei noch den Drahtseilakt bewältigen alles aus der Öffentlichkeit herauszuhalten und seinen Kompetenzbereich nicht zu überschreiten, im Klartext er darf nicht gegen einen Angehörigen des Militärs ermitteln.

Der Kriminalfall selber ist hochbrisant und spannend. Ich denke Homosexualität im Militär ist auch heutzutage kein leichtes Thema, zu der damaligen Zeit jedoch ein absolutes Tabuthema. Umso interessanter ist es für den Leser, das ganze in diesem zeitlichen Rahmen quasi mitzuerleben.

Die Gangart ist hier eher etwas geruhsamer mit ein paar sehr spannenden Momenten und einem im Gegensatz zum Rest sehr rasant wirkendem Ende. Nicht unbedingt für jeden etwas, ich persönlich mochte jedoch diese etwas ruhigere Art sehr gern. Es passte sehr gut zum Protagonisten, der Zeit und der Sprache. Diese Sachen zusammen genommen entstand eine runde Sache.

Der Protagonist ist uns sehr schnell sympathisch. Einige Entscheidungen und Handlungen verstehen wir als Leser nicht sofort, da man ihn natürlich als Kind seiner Zeit wahrnehmen muss. Doch nach und nach fühlt man sich hinein und dann wird schließlich auch alles logisch.

Mich persönlich störte an ihm nur eine Sache und zwar sein vermindertes Selbstwertgefühl, sobald er sich in gehobenen Kreisen bewegen musste. In bestimmten Situationen macht er sich regelrecht selber herunter.
Vielleicht ist dies nicht so abwegig, wie ich es empfand, setzt man es in den zeitlichen Rahmen, mich jedoch störte dies sehr.

Der Schreibstil der Autorin selber überzeugte mich vollkommen. Er ist flüssig, einfach zu verstehen, weist keine wirklichen Längen auf und besitzt einen gewissen eigenen Charakter. Ich war sehr überrascht, als ich las, dass dies ihr Erstlingswerk ist.
Die Geschichte ist gut durchdacht ohne konstruiert zu wirken. Charaktere werden zum Teil sehr gut herausgearbeitet, wir erfahren viel über Vergangenheit dieser und Verbindungen zu anderen Figuren. Genug um die Figuren plastisch zu machen, aber nicht zu viel, so dass wir genervt sind.

Fazit

Ein sehr gut gelungenes Erstlingswerk über ein brisantes Thema in einer spannungsgeladenen Zeit.
Die Autorin versteht es sehr gut uns in die Vergangenheit einzuführen, uns abzuholen und uns zu unterhalten. Zwangsläufig werden einige Fragen beim Leser geweckt, auf die wir im Buch natürlich keine Lösung finden werden. Es macht doch nur wirklich Spaß, wenn wir uns nach einem guten Buch Gedanken machen müssen.