Rezension

Rache, Schuld und Sühne

Siebenschön - Judith Winter

Siebenschön
von Judith Winter

Bewertet mit 4 Sternen

"Theo, Theo, theo ... Was soll ich nur mit dir machen? Dass Wegschauen niemals eine Lösung ist, sollte einer von deiner Sorte doch wohl am besten wissen! Doch aller guten Dinge sind drei, heißt es nicht so? Und wer weiß, vielleicht weckt eine so genannte dame deine Beschützerinstinkte eher als die beiden bösen buben vor ihr. Also alter Freund: Auf zu lina, und wenn du schnell bist, hast du vielleicht sogar die Chance, sie noch lebend anzutreffen. Gemarkung Liederbach, die alte Scheune, die man sieht, wenn man die A66 stadtauswärts fährt. Auf bald!"

Solch nette Briefe erhalten außer Theo noch weitere Personen. Wer die angegebene Stelle aufsucht, findet in jedem Fall ein Schreckensszenario vor. Eine bizarre Inszenierung und in ihrem Mittelpunkt das grausam ermordete Opfer. Jede Inszenierung ist anders, die Opfer mal jung, mal alt, mal weiblich, mal männlich. Emilia Capelli und ihrer neuen Kollegin Mai Zhou gelingt es nach vielen Recherchen, Gemeinsamkeiten zwischen den diversen Opfern und den Empfängern der Briefe zu finden. Das führt sie zu einer weiteren schrecklichen Erkenntnis: Einem tödlichen Countdown.

Also spannend war es wirklich! Die sehr "abwechslungsreichen" Morde, die eigenartigen Botschaften... Alles ist zunächst mal ein riesengroßes Rätsel. Ein Serienkiller ist am Werk, soviel ist klar. Aber was ist seine Motivation? Wonach sucht er seine Opfer und die Empfänger der Briefe aus? Und was haben die einzelnen Szenarios zu bedeuten? Nach und nach kristallisieren sich bei allen beteiligten Personen Dinge heraus, die auf ein Motiv hindeuten könnten. Ich verrate keine Details, aber es geht um die alten Themen Rache, Recht und Unrecht, Schuld und Sühne. Es gibt viel zu rätseln und die Zeit wird knapp...

Der erste Fall für das Frankfurter Ermittlerduo Capelli und Zhou. Die erste Besonderheit liegt schon mal darin, dass es sich um zwei Ermittlerinnen handelt, die nun - zum Leidwesen von Capelli - zusammenarbeiten müssen. Sie empfindet die weibliche Kollegin unterbewusst als Bedrohung - und auch Zhou hat sich ihren Start in der Mordkommission ganz anders vorgestellt. Die beiden brauchen bis zur letzten Buchseite um zu erkennen, dass sie ein gutes Team sein können. Tatsächlich sind die beiden sehr verschieden, haben aber auch Gemeinsamkeiten wie beispielsweise jeweils nervende Eltern im Rücken, die dem Beruf der Tochter mit absolutem Unverständnis begegnen.

Die beiden Ermittlerinnen sind mir durchaus sympathisch, ich denke, aus ihren Charakteren kann man noch einiges machen. Ein wenig unglaubwürdig war für mich, wie häufig sich die beiden, obgleich sie sich noch nicht die Mühe gemacht haben, einander kennenzulernen, nur mit Blicken "unterhalten" können.

Zudem gab es ein paar Punkte - den Täter betreffend - die mir nicht ganz logisch erschienen, die für meine Begriffe nicht zu dem Täter passten, so wie er ansonsten dargestellt wurde. Nichtsdestotrotz habe ich mich gut unterhalten gefühlt und - da sich das Ende spannend wie der Showdown in einem Actionfilm gestaltete - tatsächlich das Ende meiner Mittagspause "verlesen" ;-)

P.S. In obigem Buchzitat befinden sich keine Tippfehler meinerseits. Alle Groß- und Kleinschreibungen haben aus Sicht des Täters einen Sinn und gehören mit zur perfekten Inszenierung.