Rezension

Psychogramm eines Voyeurs

Die seltsame Berufung des Mr Heming - Phil Hogan

Die seltsame Berufung des Mr Heming
von Phil Hogan

Mal ehrlich, wie würde es Ihnen gefallen, wenn jemand einen Schlüssel zu Ihrer Wohnung hätte und sich regelmäßig während Ihrer Abwesenheit Zutritt verschaffen würde? Wenn man Ihre Schränke durchwühlen und Ihren Kühlschrank plündern würde? Wären Sie verwundert, wenn eine defekte Glühbirne plötzlich wieder hell strahlen würde oder würde Ihnen das gar nicht auffallen?

Diese Dinge passieren den Kunden des Immobilienmaklers William Heming, dem Protagonisten in „Die seltsame Berufung des Mr Heming“, dem ersten in deutscher Übersetzung erschienen Roman des britischen Autors Phil Hogan. Dieser Mr Heming ist davon besessen, in das Leben seiner Kunden einzutauchen und behält deshalb von jedem Objekt, das er vermittelt, einen Satz Zweitschlüssel zurück, der ihm uneingeschränkten Zugang zu deren Häusern und Wohnungen ermöglicht. Anfangs glaubt man noch daran, dass dieses Verhalten lediglich eine eher harmlose Schrulle ist, aber mit zunehmender Dauer wächst sich dies zu einer krankhaften Besessenheit aus, die ihren Höhepunkt erreicht als …. aber halt, ich möchte hier keine Details verraten.

Phil Hogan spielt mit den Lesern und deren Erwartungen. Empfindet man zu Beginn fast noch Mitleid mit Mr Heming, diesem einsamen Mann, der ein Leben aus zweiter Hand lebt, mehren sich mit dem Fortgang der Handlung die Zweifel, bis man am Ende den Protagonisten als das sieht, was er ist.

Durch die Schilderung der Geschehnisse aus der Perspektive der Hauptfigur ist man zwar jederzeit nahe an den Ereignissen, bekommt diese allerdings dadurch auch immer gefiltert präsentiert. Heming sucht nach Verständnis, und in Rückblenden in seine Kindheit und Jugend erhält der Leser zumindest eine Ahnung, warum er so wurde, wie er nun ist.

Skurrilität und schwarzer Humor bestimmen diesen Roman, aber dennoch ist dies meiner Meinung nur auf den ersten Blick eine Krimi-Komödie. Vielmehr lässt uns „Die seltsame Berufung des Mr Heming“ einen Blick in die Seele eines besessenen Voyeurs werfen. Gruselig!