Rezension

Nicht nur von außen ein echter Hingucker

Auge um Auge - Jenny Han, Siobhan Vivian

Auge um Auge
von Jenny Han Siobhan Vivian

Bewertet mit 4 Sternen

Wie ich vorhergesagt hatte, gewinnt das Team von Rennie und Reeve. Rennie schafft den einzigen Touchdown und rennt fast Teresa über den Haufen, um in die Endzone zu gelangen. Am Ende des Spiels wirft Reeve sie sich über die Schulter und trägt sie vom Feld, dabei brüllt er, bis er heiser ist. Als hätten sie die Goldmedaille bei der Olympiade gewonnen.
Sollen sie sich freuen, solange sie noch können. Denn bald werden sie verlieren, und zwar dramatisch.

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INHALT:
Mary, Kat und Lillia kommen aus völlig verschiedenen Kreisen und Freundesgruppen, im Grunde verbindet sie nichts außer der gemeinsame Wohnort Jar Island. Und ein gemeinsamer Wunsch: Rache zu üben. An den Personen, die ihnen oder ihren Lieben etwas angetan hat. An Alex, der Lillias kleine Schwester verführt hat; an Reeve, der Mary gemobbt hat und an Renne, die Kat hintergangen hat. Doch die anfängliche Euphorie über ihre gemeinsamen Pläne wird getrübt, als alles aus dem Ruder zu laufen droht...

MEINE MEINUNG:
Jenny Hans und Siobhan Vivians gemeinsames Projekt, das drei Bände umfassen wird, beschäftigt sich mit einem altbekannten wie auch spannenden Thema - dem der Rache. Erzählt wird die Geschichte abwechselnd aus der Ich-Perspektive der drei Protagonistinnen, wobei man diese auch ohne Namen über den einzelnen Abschnitten durch die verschiedenen Stile erkennen würde. Der Schreibstil ist dabei immer jugendlich, passt sich jedoch an die Art des jeweiligen Mädchens an.

Denn die drei könnten unterschiedlicher kaum sein. Kat und Lillia waren einmal Freundinnen, diese Zeit ist jedoch schon lange vorbei. Erstere ist aufmüpfig, laut und wütend mit einer Ausdrucksweise voller Schimpfworte. Es ist jedoch klar, dass sie sich durchaus um die Menschen, die ihr wichtig sind, kümmert. Lillia dagegen stammt aus sehr gutem Hause, hat wunderbare Manieren und ist hoch angesehen, aber besonders in ihrem Freundeskreis läuft nicht alles so wie es nach außen hin scheint und ihre Verantwortung für so vieles beginnt sie zu erdrücken. Mary, die Letzte im Bunde, ist nach Jahren der Abwesenheit zurück nach Jar Island gezogen und kennt die beiden anderen anfangs noch nicht. Sie ist recht naiv und schüchtern, hat jedoch auch eine dunkle Seite. Die anderen Figuren wirken zwischenzeitlich wie aus einem Handbuch für Highschool-Stereotypen gegriffen [der Quarterback, die Prom-Queen, der Kiffer etc.], können aber durchaus auch überraschen.

Nachdem das Zusammenfinden der Mädchen etwas schnell und relativ überstürzt vonstatten geht, weiß die Geschichte jedoch in einigen Belangen äußerst gut zu überzeugen: Insbesondere die Gründe für die Rache-Akte sind nachvollziehbar und die verschiedenen Aktionen originell - sie machen einem als Leser auf fiese Weise ebenso viel Spaß wie Kat, Lillia und Mary. Gleichzeitig bemerkt man jedoch auch immer wieder ihre Bedenken, wodurch das Szenario noch einmal realistischer wird. Dadurch, dass die Situation sich immer weiter zuspitzt und einige unerwartete Erkenntnisse ans Licht gelangen, wird die Spannung immer weiter ihrem Höhepunkt entgegen getrieben.

Dabei ist es besonders interessant zu sehen, dass lange nicht alles so ist wie es scheint. Die Personen, die die Mädchen sich für ihre Rache aussuchen, scheinen alle etwas Schlechtes getan zu haben - aber die einseitige Sichtweise darauf fordert bald ihren Tribut. Denn es wird klar, dass manchmal mehr dahinter steckt. Zum Schluss erwartet einen dann eine Art Cliffhanger, der für einiges an Herzklopfen sorgt, weil die Ereignisse sich kurz zuvor geradezu überschlagen haben. Einzig und allein die plötzlich eingeführten leicht übernatürlichen Elemente passen meiner Meinung nach nicht in die Geschichte und versetzten dem Ganzen einen Dämpfer. Hier hoffe ich jedoch, dass die beiden Autorinnen noch mit einer umwerfenden Erklärung aufwarten können.

FAZIT:
Jenny Hans und Siobhan Vivians Trilogie-Auftakt "Auge um Auge" handelt von Freundschaft, Verrat und Rache - und nicht selten verliert man aus dem Blick, wo es sich um was handelt. Denn was nach außen hin schlecht erscheint, muss es noch lange nicht immer sein. Elegant wird hier mit den Erwartungen des Lesers gespielt, sodass dieser Band 2 am Ende auf jeden Fall kaum noch erwarten können wird. Aufgrund von ein paar Kritikpunkten 4 Punkte - aber auf jeden Fall eine Empfehlung!