Rezension

Lisas Albtraum

Immerstill - Roman Klementovic

Immerstill
von Roman Klementovic

Bewertet mit 5 Sternen

Klappentext:

In einer eisigen Winternacht verschwinden zwei Jugendliche spurlos. Die örtliche Polizei tappt im Dunkeln, findet keinerlei Anhaltspunkte und mit der Zeit gerät der Fall in Vergessenheit. Doch dann, auf den Tag genau drei Jahre später, werden wieder zwei junge Menschen vermisst. Die Medien wittern eine Tragödie und in dem kleinen Dorf wächst die Nervosität. Als eine misshandelte Leiche gefunden wird, bricht Panik aus.

Leseeindruck:

Mit "Immerstill" ist dieser Thriller nach "Verspielt" bereits mein zweiter Thriller des Autors Roman Klementovic, den ich im Rahmen einer Leserunde lesen durfte. Beide Thriller können aber unabhängig voneinander gelesen werden.

In der Handlung lernen wir gleich zu Beginn Lisa kennen, die vor einigen Jahren ihr Heimatdorf Grundendorf verließ, um in Wien als Galeristin ihr Glück zu suchen. Nach einem Anruf ihrers Vaters, dass Lisas Schwester Maria seit Tagen verschwunden sei, keimen alte Erinnerungen in ihr hoch: Vor 3 Jahren und 2 Tagen - auch zur Faschingszeit - verschwanden die Jugendlichen Linda und Markus. Als sie in dem Dorf ankommt, überredet sie den Vater endlich zur Polizei zu gehen, dort erfährt sie von ihrem Exfreund, dass auch noch Natalie verschwunden ist, die kurze Zeit später tot und postmortal verstümmelt aufgefunden wird. Alle vier Jugendlichen waren ehemals in einer Klasse. Schnell sind etliche Verdächtige ausgemacht, dennoch scheint das gesamte Dorf wie verhext und verbündet. Ein Bürgermeister, der seltsame Anspielungen macht, ein Lehrer, der seinerzeit wegen sexuelle Belästigung suspendiert wurde, eine Stalkerin, die vor nichts zurückschreckt und dann auch noch der eigene Vater, der sich in Schweigen hüllt und sich sehr merkwürdig verhält. Zualledem kommen noch Lisas private Sorgen hinzu. Als Maria verletzt, aber lebend gefunden wird, spitzt sich die Situation abermals zu, denn sie scheint nicht die gesamte Wahrheit zu sagen. Was ist in diesem Dorf geschehen??

Mit diesem Thriller liegt uns einer vor, der an Spannung nicht mehr zu überbieten ist. Lisa berichtet aus der Ego-Perspektive und so lernen wie Seite um Seite ihr gesamtes Leben kennen: Ihre Kindheit, der Verlust der Mutter, ihre Erfahrungen mit den Menschen im Dorf und auch ihr jetziges Leben. Die Ermittler Schulz und Mayerhofer spielen hier nur eine untergeordnete Rolle, Hauptermittlerin ist hier eigentlich Lisa, die alles hinterfrägt und überall Gefahr lauert. Ganz klar wird nie, ob sie auch ein wenig an Verfolgungswahn leidet, da ihr mancherlei Albträume einen Streich spielen. Das gesamte Dorf hat etwas zu verbergen - so scheint es zumindest. Wer ist gut, wer ist böse, das vermag der Leser kaum zu unterscheiden. Die Atmosphäre ist gespenstiger. Auch die Umschreibungen von Grundendorf ist sehr düster und nebulös, so dass man als Leser nicht gerade dort leben möchte. Die Protagonisten werden allesamt charakterlich sehr detailliert beschrieben, auch wie sie leben, so dass man die gesamte Handlung fast wie einen Film vor seinem geistigen Auge ablaufen hat. Gegen Ende des Thrillers spitzt sich die Lage dramatisch zu und man hat plötzlich ein halbes Dutzend Verdächtiger. Gegen Ende kommt es zum wahren Showdown. Auf der Heimfahrt nach Wien resümiert Lisa nochmals die Geschehnisse und da erfährt der Leser dann schlüssig aufgelöst, was wann wie und warum und mit welchen Folgen geschah. Ein Gänsehautthriller, der mir das Blut in den Adern stocken ließ und den ich fast in einem Rutsch gelesen habe.

Was ich auch sehr angenehm finde, sind die super kurzen Kapitel und auch die Datumsanzeigen davor, so dass wir die Geschehnisse chronologisch mitverfolgen können. 307 Seiten voller Thrill und Anspannung.

Das Cover ist unheimlich unheimlich und hat im Bezug auf "Verspielt" schon einen leichten Weidererkennungswert bzgl. der blutigen Striemen. Man merkt gleich: Das hier wird nicht nur ein Thriller werden, sondern auch ein blutiger, wobei er dann zwar blutig wird, aber erträglich blutig. 5 Sterne sind das Mindeste, was ich hier vergeben kann.

 

@ esposa1969