Rezension

Lässt das historische Hamburg lebendig werden

Im Schatten des Krans - Jürgen Rath

Im Schatten des Krans
von Jürgen Rath

Bewertet mit 5 Sternen

1845: Drei Jahre nach dem großen Brand in Hamburg, bei dem auch der Kran im Hafen zerstört wurde, soll ein neuer beschafft werden. Statt eines modernen eisernen Krans, den Reeder und Kaufleute bevorzugen würden, beschließt der Rat eine hölzerne Hebemaschine bauen zu lassen. Als der Nutznießer dieser Entscheidung, der Werftbesitzer Elbrand ermordet wird, ist schnell ein Schuldiger ausgemacht: Roger Hove, Angestellter im Handelshaus Schröder & Westphalen, der kurz vorher mit dem Ermordeten Streit hatte. Moritz, Kontorlehrling im selben Handelshaus, will seinem Freund und Kollegen helfen und ermittelt auf eigene Faust, wodurch er nicht nur sich selbst sondern auch seine Familie in Gefahr bringt.

Von der ersten Seite an nimmt einen das Buch gefangen. Jürgen Rath gelingt es, das historische Hamburg vor dem geistigen Auge lebendig werden zu lassen, man ist mit Moritz im Kontor, streift mit ihm durch das Hafenviertel und sitzt mit ihm und seiner Familie am Essenstisch. Die Unterschiede der einzelnen Schichten, die verschiedenen Berufe im Hafen (wer kennt schon Kohlenjumper), die Probleme der „kleinen“ Leute, all das wird dem Leser auf eingängige Weise nahe gebracht. Man merkt einfach, dass der Autor weiß, wovon er spricht, denn er ist nicht nur Seemann (mit Kapitänspatent) sondern auch Historiker. Dabei erzählt er sehr bildhaft und flüssig und mit einer guten Portion Humor.

Auch die Charaktere sind gelungen, Moritz nimmt man jederzeit ab, dass er ein 15jährige Junge ist, mit all den Problemen, die man in dem Alter hat (und zu der damaligen Zeit noch ein paar mehr), gut gefallen haben mir dabei auch seine „Liebesverwirrungen“, wenn ihm nicht ganz klar ist, ob er die Kaufmannstochter Cäcilie oder doch das Nachbarmädchen Jette lieber hat. Ein toller Charakter ist auch Kapitän Westphalen, raubeinig, aber auch feinfühlig.

Die Kriminalgeschichte tritt gegenüber dem historischen Roman etwas in den Hintergrund, was aber zu keiner Zeit stört und am Ende wird alles logisch aufgelöst. Und danach muss man dann leider Abschied nehmen von Moritz und seiner Familie und all den anderen Charakteren dieses Romans, doch wenn wir Glück haben, schreibt Jürgen Rath bald eine Fortsetzung des Romans, ich würde mich sehr darüber freuen.

Einen guten historischen Roman zeichnen gewisse Extras aus und natürlich findet man diese auch hier, es gibt eine Karte und eine Querschnittzeichnung des Kontor-/Wohnhauses, in dem Moritz arbeitet sowie im Anhang ein umfassendes und nützliches Glossar.

Wer gut recherchierte historische Romane mag, ist hier an der richtigen Stelle, auch Krimileser sollten dem Roman unbedingt eine Chance geben, auch wenn die Krimihandlung nicht im Vordergrund steht, kann man doch schön mitraten. Von mir erhält der Roman eine absolute Leseempfehlung.