Rezension

Hamburg im Wandel der Zeit

Im Schatten des Krans - Jürgen Rath

Im Schatten des Krans
von Jürgen Rath

Bewertet mit 4 Sternen

Im Jahr 1845 geht es in Hamburg hoch her. Verfechter von Althergebrachtem und Neuem stehen sich gegenüber. Im Streit um eine hölzerne Hebemaschine gerät der Engländer Roger Stove in Verdacht, den Bauherrn Elbrand ermordert zu haben.
Kontorlehrling Moritz Forck will die Unschuld seines Kollegen beweisen und begibt sich dabei selbst in Gefahr. Denn für einen 15jährigen Jungen sind die Hamburger Hafenstraßen ein gefährliches Pflaster.

Jürgen Rath versteht es mit seinem Schreibstil eine besondere Atmosphäre zu schaffen. Der Leser fühlt sich gleich in die Vergangenheit versetzt und auch die Hamburger Seeluft scheint durch die Seiten zu ströhmen.
Die gravierenden Unterschiede zwischen den Arbeitsvierteln und den gesellschaftlich hoch angesehenen Kaufleuten wird deutlich. Es wird einem die  Aufbruchstimmung vermittelt, in der alte Werte durch neue Ideen und Maschinen ersetzt werden sollen.
Hilfreich sind dabei auch die alten Stadtpläne  und das Wortregister, um das Kopfkino vollends zu beleben.

Die Hauptfigur Moritz nimmt einen von der ersten Seite für sich ein. Sein unkompliziertes forsches Auftreten, welches stellenweise ein wenig schusselig wirkt, ist sehr glaubwürdig. Obwohl er aus dem Arbeitermilieu kommt, hat sich ihm die Chance geboten, eine Lehre im Kontor eines Kaufmanns zu machen. Dies ist aber auch mit einigen Konflikten verbunden, denn nicht nur die Kaufmannstochter Cäcilie, sondern er selbst spürt, dass er hier eigentlich nicht hingehört.
Interessant war auch der Vergleich zwischen der verzogenen, gut behüteten Cäcilie und der im Arbeitsmilieu aufwachsenden Jette, die sich beide zu Moritz hingezogen fühlen.

Für einen Krimi war die Handlung eher leicht und unspektakulär, von einigen spannenden Elementen abgesehen. Es gibt auch keinen eigentlichen Ermittler, sondern viele Personen, die versuchen, einen Mord aufzuklären. Deshalb würde ich eher von einem historischen Roman sprechen, der kriminalistische Elemente aufweist. Um so mehr erfährt man aus der Zeit des frühen Hamburgs und der dort lebenden Gesellschaftsschichten.

Mich hat der Roman aber gerade deshalb sehr gut unterhalten.
Eine Leseempfehlung für Geschichtsreisende!