Rezension

Im Schatten des Krans - Historischer Kriminalfall im Hamburger Hafen.

Im Schatten des Krans - Jürgen Rath

Im Schatten des Krans
von Jürgen Rath

Mord unterm Kran - Hanseatische Impressionen.

Im Schatten des Krans im  Hafen von Hamburg spielt sich das Leben derer ab, die durch die Schiffahrt Arbeit, Brot und Verdienst haben. Der Alltag ihres Daseins ist geprägt vom Handel über die Weltmeere hinweg, von Ladungen und Transporten, gewichtigen Gütern und ihren Beförderungen, die stets mit hartem Arbeitseinsatz der Menschen unter Überwindung der Naturgewalten geleistet werden mussten.

Und eben dieser Kran, der durch den großen Brand zerstört worden war, soll 1845 durch einen modernen, eisernen Schwergutkran aus England ersetzt werden.

So planen es Reeder und Kaufleute, die fortschrittliche Erleichterung für das Löschen und die Beladung der Lastschiffe davon erwarten. Ein vehementer Gegner dieser Anschaffung ist der Werftbesitzer Elbrand, der sich für eine hölzerne Hebemaschine einsetzt und zur Durchsetzung dieses Plans sicherlich wohl auch seine sehr guten Kontakte zur Regierung spielen lassen würde.

Doch eines Nachts wird Elbrand ermordet aufgefunden. Ein Volontär des Handelshauses Schröder & Westfalen, der junge Engländer Roger Stove, der aus seiner Ablehnung dieser Hebemaschine kein Hehl gemacht hatte, gerät nun in Verdacht und wird erst einmal festgesetzt.

Der Kontorlehrling Moritz Forck , der dort seine Lehre absolviert, glaubt fest an die Unschuld seines Kollegen, den er einer solchen Tat nicht für fähig hält und versucht auf eigene Faust, den Mörder aufzuspüren und dingfest zu machen.

Mit jugendlich-unbedachtem Draufgängertum, durch das er auch seiner angebeteten Cäcilie imponieren möchte, lässt er sich auf ein lebensgefährliches Unterfangen ein, das ihn in den düsteren, verrufenen Gassen des Gängeviertels in höchste Gefahr bringt.

Jürgen Rath hat einen interessanten Roman geschrieben.

Durch seine akribischen Recherchen und ein angehängtes, erklärendes Glossar, schafft er es wunderbar, ein Bild der damaligen Zeit zu malen. Er nimmt den Leser mit nach Hamburg, in die Stadt, die damals schon als Metropole für den Handel ein Tor zur Welt bedeutete. Die dort ansässigen Menschen waren nahezu alle auf ihre Art mit diesem Umschlagplatz der Waren verbunden. Sie führten ihre Kontore in Handelshäusern, waren Erbauer seetüchtiger Schiffe, die auf ihren Routen die ganze Welt erreichten und das geschäftliche Leben prägte die vornehme  Gesellschaft ebenso wie es dem Alltag jener einfachen Leute einen Stempel aufdrückte, deren arbeitsgewohnte Hände dafür sorgten, dass auch die niederen Tätigkeiten erledigt wurden.

Durch diese Milieustudie zieht sich ein roter Faden - die Aufklärung des Mordes am Werftbesitzer Elbrand.

Unmerklich, jedoch auf sehr intensive Art, erfährt der Leser soviel Wissenswertes über die Hamburger Gesellschaft, die sich um das Jahr 1845 unter dem Kran, der als Wahrzeichen den Hafen überragte, in den ihr eigenen Gepflogenheiten und Sitten etabliert hatte, dass der Kriminalfall fast ein schmückendes Beiwerk geworden ist.

Faszinierend finde ich, dass man als Leser trotzdem gefesselt ist und es nicht vermisst, dass die kriminalistische Spannung ein wenig entzerrt wird.

Ob man das Buch nun als historischen Kriminalroman oder als ein Gesellschaftsbild mit kriminalistischen Ambitionen betrachtet, es ist eine unterhaltsame Lektüre, flüssig und spannend erzählt, ein bunter, höchst authentisch vermittelter Geschichtsrückblick mit lebendig wirkenden Protagonisten als Spiegelbild der Gesellschaft.

Professionell und gut.