Rezension

Krimi mit Tiefe

Grado im Regen - Andrea Nagele

Grado im Regen
von Andrea Nagele

Bewertet mit 5 Sternen

„...Ihr gefiel die Vorstellung, eine Meerjungfrau würde Abend für Abend ans Ufer schwimmen und erfolglos versuchen, die Felsen zu erklimmen, um dann wieder ins offene Meer hinauszutreiben...2

 

Das Buch geht gleich heftig los. Verkleidet mit den Masken von Donald Duck und Daisy überfällt ein Pärchen ein Postamt. Es gelingt ihnen zu entkommen.

Dann wechselt die Handlung nach Grado an die Adria. Franziska hatte sich wegen wiederholter Untreue von Tomaso getrennt. Ihr geht es gesundheitlich nicht gut. Jeden Abend, wenn sie aus dem Fenster sieht, schwimmt eine junge Frau im Meer. Obiges Zitat gibt ihre Gedanken zu dieser Szene wieder.

Auch Angelina Maria Cecon sieht die Schwimmerin. Die alte Dame gilt als wunderlich. Sie wird von Ängsten geplagt.

Die neunjährige Laura trägt vor der Schule Brötchen aus. Zu ihren Kunden gehören Franziska und Angelina Maria.

Die Autorin hat einen fesselnden Krimi geschrieben. Während sie auf den ersten Seiten den Alltag ihrer Protagonisten schildert und sie so vorstellt, nimmt die Geschichte schnell an Fahrt auf. Das Buch lässt sich zügig lesen und hat mich schnell in seinen Bann gezogen.

Eines Abends ruft Angelina Maria die Polizei an und behauptet, dass die junge Frau im Meer getötet wurde. Anfangs nimmt man sie nicht für voll, doch Commissaria Madddalena sieht das anders und lässt nach der Toten suchen.

Der Schriftstil des Buches ist angenehm lesbar. Der Krimi wird von Tag zu Tag erzählt. Schnell wechselnde Personen und Handlungsorte halten die Spannung hoch. Hinzu kommt, dass mir die Autorin tiefe Einblicke in die Psyche ihre Protagonisten ermöglicht. Nach und nach erfahre ich nicht nur, welche Dämonen Angelina Maria quälen, sondern auch, wie es dazu kam. Der Blick geht weit in die Vergangenheit. Die vielschichtigen Beziehungen zwischen den Protagonisten sorgen für weitere Überraschungen. Hier spielen häufig Emotionen eine Rolle. Tomaso hält Treue für entbehrlich und Franziska für hysterisch. Stefano, eigentlich nur ein Bekannte von Franziska, steht ihr bei ihrer Krankheit zur Seite. Seine Angst um sie ist mit den Händen greifbar. Auch Maddalena hat private Probleme. Hinzu kommt, dass ihr Chef schnelle Erfolge erwartet. Sehr ausführlich wird der Handlungsort beschrieben. Dabei findet die Autorin treffende Metapher.

Das Cover mit dem Ort am Meer im Regen passt sehr gut zur Geschichte.

Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Die Geschichte war so geschickt konstruiert, dass am Ende jede der auftretenden Personen ihren Part bei der Auflösung des Falles hatte. Gleichzeitig habe ich als Leser viel über die Lebensverhältnisse der Protagonisten erfahren. Sie waren also nicht nur Statisten in der Handlung. Gut gefallen hat mir außerdem, dass Franziskas Krankheit samt deren Behandlungsmöglichkeiten allgemeinverständlich erklärt wurde.