Rezension

Kreuzberg on fire

Die Stunde der Hyänen -

Die Stunde der Hyänen
von Johannes Groschupf

Bewertet mit 3 Sternen

          Kreuzberg wird erschüttert von einer Reihe von Brandstiftungen an Deutschlands liebstem Kind - dem Auto. Wir lesen die Geschichte aus verschiedenen Perspektiven - da ist der Postbote Maurice, der von vornherein als Täter geoutet wird, die Journalistin Jette, Polizistin Romina und der Obdachlose Radek, Opfer des ersten Feuers. 
Der Schreibstil ist flüssig und sehr gut zu lesen. Es werden zahlreiche aktuelle Themen behandelt, man muss aufpassen, dass man nicht den Überblick verliert. Ein bisschen weniger wäre da mehr gewesen. Gut gefallen hat mir der kritische Umgang mit der Automania der Deutschen, sehr gut dargestellt als der Besitzer des ausgebrannten PickUps minutenlang mit gelupfter Mütze wie im Gebet vor dem Wrack seines Fahrzeugs verharrt. 

Der Spannungsaufbau allerdings leidet sehr unter den häufigen Ausflügen in die Welt einer sehr strikten Sekte (Zeugen Jehovas?), die auch noch von zahlreichen Wiederholungen geprägt sind. 
Die Protagonisten wirken allesamt durchgeknallt, es fällt mir schwer, auch nur für einen Sympathie zu empfinden. Journalistin Jette jagt senstionslüstern ihren Stories hinterher und lässt sich von ihrem Freund misshandeln. Polizistin Romina jagt fanatisch nach der Anerkennung ihrer Kollegen, Postbote Maurice versucht seine sexuellen Spannungen durch Feuer abzubauen, die Sektenführer sind bigotte Päderasten. Es kann einem schlecht werden vor all diesen menschlichen Abgründen! Das ist mir alles ein bisschen zu viel des "Guten", da ist Johannes Groschupf eindeutig über das Ziel hinausgeschossen. 

Punkte gibt es für den Schreibstil und die Sozialkritik, auch das Thema ist toll.
Deshalb eine eingeschränkte Leseempfehlung, denn wer so viele durchgeknallte Charaktere in einer Geschichte mag, wird hier sicher seine Freude haben.