Rezension

Innovatives "Dark Academia" - Spektakel mit Schwächen

The Atlas Six -

The Atlas Six
von Olivie Blake

Bewertet mit 4 Sternen

Der Fokus liegt auf den Gesprächen, magischen Studien und Beziehungen der einzelnen Anwärter zueinander. Psychologie, Philosophie sowie wissenschaftliche Theorien über Magie und verschiedene Denkweisen spielen dabei eine übergeordnete Rolle und das sollte man mögen, andernfalls wird es das Buch schwerhaben von sich zu überzeugen.

"The Atlas Six" ist das Buch, was mich dieses Jahr bislang am meisten überrascht hat.
Zugegeben, der Aufbau der Geschichte ist so ungewöhnlich, dass man sich ein Stück weit die Zähne daran ausbeißen kann. Dass die Meinungen zu dem Buch so gespalten sind, kann ich daher sehr gut nachvollziehen.
Vorab sollte man vielleicht wissen, dass es sich bei dem Buch um eine Art Kammerspiel handelt, dessen Handlung sich hauptsächlich in geschlossenen Räumen abspielt.
Der Fokus liegt auf den Gesprächen, magischen Studien und Beziehungen der einzelnen Anwärter zueinander.
Psychologie, Philosophie sowie wissenschaftliche Theorien über Magie und verschiedene Denkweisen spielen dabei eine übergeordnete Rolle und das sollte man mögen, andernfalls wird es das Buch schwerhaben von sich zu überzeugen.
Einen Kampf auf Leben und Tod im klassischen Sinne gibt es nicht und der Plot lässt sich in ein, zwei Sätzen zusammenfassen.
Auch der sexuelle Unterton, der gefühlt überall mitschwingt, hat mich stellenweise etwas irritiert, aber ich mochte es sehr, dass die Autorin sexuelle Orientierung o.a. nicht zum Thema macht und die Charaktere völlig frei interagieren lässt. Für mich eine ganz neue Leseerfahrung.
Inhaltlich passiert aber tatsächlich nicht viel mehr als das, was die Inhaltsbeschreibung hergibt und die verrät eigentlich schon zu viel, denn dass von den sechs Auserwählten nicht alle überleben, lässt sich Anfangs nur mutmaßen.
Die Geschichte wird abwechselnd aus den unterschiedlichen Perspektiven der "Atlas Six" erzählt, trotzdem bleibt nichts wirklich Greifbares zurück. Man muss sich die Zusammenhänge anhand einzelner Gesprächskrümel selbst erarbeiten, und genau das hat mir wahnsinnig viel Spaß gemacht. Ich liebe es nach Antworten zu graben. Jeder Mensch ist ein Puzzle und das setzt die Autorin meisterhaft in Szene.
Ja, das Buch stellt eine Herausforderung dar, erfordert einen klugen Kopf und aufmerksames Lesen, aber Olivie Blake hat dafür gesorgt, dass ich mitgezogen wurde, immer weiterlesen wollte und andere Bücher tagelang ignoriert habe.
Bis zum Schluss war ich der Meinung, eines der besten Bücher diesen Jahres zu lesen, doch dann flachte plötzlich alles so sehr ab, dass ich mich gefragt habe, ob die letzten paar Seiten von einer anderen Person geschrieben worden sind. Die Stärke der Autorin liegt darin, menschliches Miteinander zu analysieren und zu beschreiben, sobald sie diesen Bereich verlässt, wird es schwierig. Bleibt abzuwarten, ob sie das in den Folgebänden besser löst. Ich werde die Reihe definitiv weiterverfolgen, trotz einiger Schwächen hat es mich insgesamt sehr begeistert.