Rezension

Historik und Fantasy auf spannende Weise verwoben

Skin - Das Lied der Kendra - Ilka Tampke

Skin - Das Lied der Kendra
von Ilka Tampke

Bewertet mit 4 Sternen

Ailia lebt in Britannien zu einer Zeit, in der die Römer ihr Reich immer weiter ausdehnen. Auch ihr Stamm wird von der Großmacht bedroht und sie allein kann die Rettung bringen. Weil sie jedoch nicht weiß, woher sie kommt oder wer ihre Eltern sind, trägt sie keine Haut. Diese steht für die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Totemtier und damit für Glauben, Vorfahren und Heimatland. Sie hat also keinen Clan, zu dem sie gehört und ist damit eine Außenseiterin. Ohne Haut ist es ihr nicht erlaubt zu lernen, zu heiraten und ist generell ein Teil der unteren Gesellschaftsschicht. Als Baby wurde sie auf der Schwelle einer Köchin ausgesetzt, die Ailia aufgenommen hat und sie vor einem Leben in Armut bewahrt hat, welches Hautlosen meist bevorsteht.

Die Autorin verwebt Orte, die tatsächlich existiert haben, und Ereignisse, die historisch belegt sind, mit dem Glauben der Stammesleute, welcher voller Magie und Mystik ist. Es ist eine fremde Kultur, ein interessanter Glaube, der allerdings sehr grausame und befremdliche Rituale beinhaltet. Die sogenannten "Mütter" sind die Göttinnen des Glaubens, sie halten das Land und die Menschen zusammen und leben in einer Art Zwischenwelt. Allein den "Gereisten" ist es erlaubt von der realen Welt in die Welt der Mütter zu reisen und von ihnen zu lernen.

Die 14-jährige Ailia ist eine sehr wissbegierige junge Frau, die ständig hofft, neues zu erfahren und gegen die Engstirnigkeit der Stammesleute aufbegehrt. Auf der einen Seite ist sie klug und willensstark, doch auf der anderen Seite auch häufig egoistisch und gefühlskalt. Einige ihrer Verhaltensweisen sind nicht unbedingt nachvollziehbar, was sie manchmal weniger sympatisch erscheinen lässt. Sie ist außerdem voller Selbstzweifel, weil ihr dies ein Leben lang eingetrichtert wurde. Selbst als klar wird, dass sie von den Müttern bevorzugt wird, kann sie sich von den bestehenden Gesetzen der Haut nicht völlig lösen.

Das Buch beinhaltet natürlich auch eine Liebesgeschichte. Obwohl Ailia erst 14 Jahre alt ist, gilt sie für den Stamm bereits als erwachsen und wird auch sexuell aktiv. Diese Liebesszenen haben jedoch nicht unbedingt tatsächlich mit Liebe, sondern eher mit Lust oder auch Berechnung zu tun. Sie trifft im Verlauf des Buches auf Talisien, den sie liebt und der ihr zeigt, was wirklich in ihr steckten könnte. Leider konnte mich die Verbindung der beiden nicht vollends überzeugen. Für mich ist der Funke einfach nicht übergesprungen.

Das Buch ist ungewöhnlich, teilweise sehr brutal und auch abstoßend. Einige Szenen wirken recht befremdlich. Es spiegelt jedoch die beschriebene Zeit der Römerinvasion gut wieder. In der Geschichte treffen die fortschrittlichen Römer auf die eher rückständigen und mit dem Land und Glauben verbundenen Stammesleute. Beide haben eine komplett unterschiedliche Mentalität und Glaubensart und gehen mit allem ganz anders um. Da sind Konflikte vorprogrammiert.

Die Kombination aus historischen Fakten und Fantasy-Elementen ist sehr reizvoll und die Story etwas ganz neues. Die Autorin besticht durch einen lockeren und leichten Schreibstil, der sich aber dennoch glaubwürdig in die Zeit von 28 n. Chr. Bis 46 n. Chr. einfügt.

Es ist eine von der ersten bis zur letzten Seite fesselnde Geschichte über das Schicksal von Ailia und ihrem Stamm. Das Ende ist sehr spannend und aufwühlend und lässt auf einen oder mehrere weitere Teile hoffen.