Rezension

Habemus Virus

Die Krone der Schöpfung - Lola Randl

Die Krone der Schöpfung
von Lola Randl

Bewertet mit 4 Sternen

Lola Randl nimmt den Leser mit auf eine Reise in die Vergangenheit, mit ins Frühjahr 2020 als sich ein neuartiger Virus unsere Welt eroberte. Ihr Roman spiegelt die Unsicherheit im Umgang mit dem Unbekannten und die damit einhergehende Gefühlslage der Menschen perfekt wider. Verlustängste, Geldsorgen und gehemmte Motivation sind die Folgen. Ich erinnere mich noch sehr genau an den Moment als sich meine Einstufung der Sachlage von „sehr weit weg“ in Gefahr umwandelte.

Vor diesem Hintergrund platziert Lola Randl ihre Protagonistin mit latent wackligem Arbeitsplatz und überlässt sie im Homeoffice sich selbst und ihren Gedanken. Mehr als einmal kam es mir so vor, als wären Protagonistin und Autorin ein und dieselbe Person. Neben dem Dasein der Protagonistin werden verschiedene Persönlichkeiten aus Politik, Wissenschaft und Medien betrachtet. Dabei werden lediglich Titel genannt, der Name wird verschwiegen. Trotzdem sind die Handelnden vom aufmerksamen Leser sehr leicht zu identifizieren. Dieses Pseudo-Unbekannte hat für mich seinen ganz eigenen Charme.

Es entsteht eine verrückte Geschichte, die man in 30 oder 50 Jahren vielleicht albern findet, der aktuell jedoch ein gewisser Ernst innewohnt. Erklärungsversuche werden gemacht. Vergleiche aus dem ländlichen Garten und der Küche dienen dem Verstehen des Virus, seiner Geduld sowie seiner Kreativität. Gedankenanstöße werden beim Leser provoziert, dessen Selbstreflexion angetriggert.

Die Krone wird dem ganzen Zinnober durch eine trashige Zombie-Geschichte aufgesetzt. Stellvertretend für den „medialen Müll“, den wir aufgrund übermäßiger, unfreiwillig zu nutzender, gleichzeitig unfreier Freizeit konsumieren, ist diese am Ende noch locker mit der echten Handlung auf dem Lande, fernab von allem, verknüpft.

Der Roman liefert kein sprachliches Höchstniveau. Aus meiner Sicht ist dies in dieser witzig rasanten Darstellung auch nicht erforderlich, wäre sogar kontraproduktiv. Da der Mensch schnell verdrängt bzw. vergisst war diese Erinnerungslektüre sehr wertvoll für mich. Gern spreche ich eine Leseempfehlung aus.