Rezension

Es bringt uns bei: Die Welt ist nicht schwarz und weiß, sondern hat unendlich viele Farben!

Felix Ever After
von Kacen Callender

Bewertet mit 5 Sternen

Inhalt:
In seinen 17 Jahren Leben war Felix Love noch nie verliebt. Und noch dazu ist es seine größte Angst, dass sich der Wunsch verliebt zu sein nicht erfüllt, denn, was wenn er -braune Haut, trans, queer- die Kriterien nicht erfüllt? Was wenn er einfach nicht liebenswert ist? Als die Fotos von ihm vor seiner Transition und mit seinem Deadname in der Schule ausgestellt werden und er transfeindliche Instagram-Nachrichten bekommt, wird es zu viel für ihn. Ihm wird klar, er muss handeln, weshalb er dann seinem vermeintlichen Quäler/seiner vermeintliche Quälerin zurückschreibt, um herauszufinden, wer ihm das angetan hat.
Doch schon bald entsteht ein Geflecht aus ungeahnten Gefühlen, Identitätssuche und wahrer Freundschaft.

Meine Meinung:
Das Cover ist mit seiner Hommage an Marsha P. Johnson unglaublich bedeutungsvoll. Es ist in einem Salbeigrün gestaltet worden, wodurch sich das Selbstportrait von Felix hervorhebt.
Der Schreibstil ist sehr fließend, konzentriert sich dabei auf das Wesentliche, doch lässt keine wichtigen/interessanten Details aus. Man kommt beim Verlauf der Zeit auch mit und die Struktur hinter dem Schreibstil führt zu keiner Verwirrung, sondern wirkt eher einladend, sodass man noch weiter in der Welt von Felix verweilen möchte. Außerdem wird (erfreulicher Weise) gegendert, was sehr ungewohnt war, allerdings in keinster Weise störend. Wegen dem Schreibstil wurde der Spannungsbogen auch immer aufrecht gehalten, allerdings nicht übermäßig, was den Fluss der Geschichte sehr „natürlich“ zu lesen machte.
Der Protagonist, Felix Love, ist ein Teenager, der schon vieles erlebt hat, was zu seinen Selbstzweifeln und den Gedanken an seine angebliche Wertlosigkeit führt. Während der ganzen Geschichte wird gezeigt, wie er immer wieder seine Fehler bemerkt, den Überblick über sein Verhalten behält, was zu wenig, oder sogar gar keiner, Frustration führt. Genau das ist auch einer der Gründe für die Zufriedenheit, die man nach dem Lesen fühlt; am Ende stehen keine Fragen offen.
Man merkt an seiner Ausdrucksweise und der seiner Freund/innen, dass es nicht typische, oder eher gesagt alltägliche, Teenager sind, jedoch haben die meisten von ihnen Bedürfnisse, die irgendwo jeder von uns in sich trägt.
Der Ausbau der Nebencharaktere ist unglaublich bemerkenswert! Noch nie habe ich das so stark erlebt, wie hier. Kacen konnte diese Personen so ausbauen, wie wir andere Personen in unseren Leben erleben. Jede hatte ihre eigene Geschichte, eigene Gefühle und vor allem unterschiedliche Persönlichkeiten. Etwas was in anderen Büchern, egal welcher Genres, oftmals fehlt. Und auch wenn jede dieser Personen in irgendeiner Weise mit Felix involviert war, wurden ihnen genug Seiten geschenkt, um all die verschiedenen Facetten ihrer Leben, die mit Felix zu tun hatten und das Verhalten gegenüber Felix erklärten, zu erklären. Das machte den Spannungsbogen umso größer und erlaubte mir als Leserin vollkommen in die Story einzutauchen.
Eine der Hauptthemen war „Gender“ und die Suche nach der wahren Identität, selbst wenn es schien, als ob man es schon wüsste. Es war (aus der Sichtweise einer Cis-Person) unglaublich interessant darüber zu lesen, vor allem, weil der Autor Kacen Callender (Pronomen he/him, they/them) selbst etwas Ähnliches erlebt hatte und somit einen authentischen Blick auf die ganze Situation geben konnte.
Auch der Aspekt der Liebe und der Freundschaft wurde nicht vernachlässigt. Selbst als Leser/in wurde man Teil der Konversationen und Gefühle und fühlte die Verwirrung. Man weinte, lachte, fühlte die Schmetterlinge im Bauch und sorgte sich.
In gewöhnlichen Young Adult Büchern mit dem Schwerpunkt LGBTQIA+ wird meistens nur eines dieser Themen thematisiert und wenn mehr angesprochen wird, dann meist etwas oberflächlich. Hier werden Schattenseiten und so viele Blickwinkel gezeigt. Es wird gezeigt, dass Sexualität bei manchen Menschen nur ein kleiner Aspekt ist und ihre Handlungen und Gedanken/Gefühle mehr über sie aussagen als das.
Man sollte aber nicht denken, dass das Buch schlecht für „Einsteiger“, was die LGBTQIA+ Welt (aber auch Kultur an sich etc.)betrifft, ist, denn ganz hinten befinden sich Definitionen der benutzen Begriffe, also würde es Sinn ergeben sich das vorher durchzulesen, oder einfach während des Lesens, falls Verwirrung aufkommt, nach hinten blättern.

Fazit:
Dieses Buch beinhaltet mehr Wissen und Verständnis, als ich hier aufzählen kann. Man wird während des Lesens gebildet und das ohne es zu merken. Die Erkenntnisse, die man währenddessen sammelt, sind eindrucksvoll und helfen uns mit nur 354 Seiten die Welt ein kleines bisschen besser zu verstehen.
Es ist so unglaublich wichtig, denn es spricht Dinge an, über die die meisten von uns kaum nachdenken. Es lehrt uns Geduld, Mitgefühl, Menschen kennen zu lernen, bevor wir urteilen und sagt mit vielen Situationen: die Welt ist nicht schwarz und weiß, sondern hat unendlich viele Farben!
5 von 5 Sternen von mir.