Rezension

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Eine sehr bewegende Geschichte, die unter die Haut geht!

Die Geschichte eines schönen Mädchens - Rachel Simon

Die Geschichte eines schönen Mädchens
von Rachel Simon

Bewertet mit 5 Sternen

Buchanfang: Am Ende der Nacht, die alles verändern sollte, stand die Witwe auf ihrer Veranda und beobachtete, wie die junge Frau in einen Wagen, der auf der Einfahrt stand, gesetzt wurde.
Amerika in den späten 60er Jahren. Hier beginnt „Die Geschichte eines schönen Mädchens“, und erzählt von dem Schicksal dreier Menschen, die eins verbindet.
Da ist zum einen die kinderlose Witwe Martha, Lehrerin im Ruhestand. Auf einer einsam gelegenen Farm führt sie ein bescheidenes Leben. Umso mehr freut sie sich über den jährlichen Besuch ehemaliger Schüler.
Lynnie und Homan waren aus der Pennsylvania State School, einer Anstalt für schwer Erziehbare und geistig Behinderte, geflohen und standen nun bei ihr vor der Tür. Lynnie hatte gerade ein Baby zur Welt gebracht. Doch die Wächter der Anstalt spüren sie auf. Dem stummen Homan gelang die Flucht, Lynnie wird in die Anstalt zurück gebracht. Das Baby hatten sie bei Martha zurückgelassen, versteckt, damit es als normaler Mensch aufwachsen konnte.

Die Geschichte beruht auf eine wahre Begebenheit und beschreibt die unmenschlichen Verhältnisse der damaligen Zeit in den so genannten Anstalten. In ihrer Anmerkung schreibt die Autorin, dass ihr Vater einmal sagte: „Wenn man in einem Heim lebt, weiß man im Grunde seines Herzens, dass man nicht wirklich geliebt wird.“ (S. 409) Er wusste, wovon er sprach, denn in der früheren Wirtschaftskrise mussten seine Eltern ihn und auch den Bruder in ein Waisenhaus geben.
Eindringlich ist die Stimme von Rachel Simon, der Schreibstil und man kann sich dem nicht entziehen. Diese Geschichte geht unter die Haut.
Martha war nunmehr gezwungen, ihr altes Leben aufzugeben, um das Baby zu beschützen. Sie selbst hatte ein Kind tot geboren und nun hatte man ihr ein neues Leben anvertraut. Zumal sie auch ein Versprechen gegeben hatte, nichtsahnend, dass der Tag das Leben dreier Menschen verändern würde.

Bestehend aus vier Teilen, wobei jedes Kapitel den Namen bzw. Jahreszahl trägt, liest sich das Leben, die Reise der Protagonisten. Ganz zum Schluss kommt noch die Betreuerin von Lynnie hinzu, Kate. Nur gut, dass es damals schon Personem mit Herz gab.

Ja, die Geschichte rührt ans Herz und zeigt auf, wie Menschen, die nicht normal waren, behandelt, misshandelt wurden. Dass Martha die Zustände der Heime nicht unberührt lassen, fängt sie an, sich mit den Heimen, den gesellschaftlichen Außenseitern zu beschäftigen.
S. 231 „Etwas muss sich ändern.“

Gerade weil das Buch etwas Besonderes, eine Perle in der großen Welt der Bücher ist, lasse ich weitere Informationen zum Inhalt weg.

„Die Geschichte eines schönen Mädchens“ ist kein Buch für mal eben zwischendurch. Wer sich darauf einlässt, den erwarten Verzweiflung, Hoffnung, viel Hintergrundgeschichte und der Kampf einer jungen Frau mit sich selbst, ihrer Behinderung, den Weg in ein Stück Normalität und vor allem nie die Hoffnung aufzugeben. Eine Mutter vergisst ihr Kind nie.